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Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 2.1901-1902

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Fenn, Waldemar: Römisches Kunstgewerbe im Elsass
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https://doi.org/10.11588/diglit.6477#0020

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Waldemar Fenn: Römisches Knnstgezverbe im Elsass.

zwar eine Menge kunstgewerblicher Ar-
beiten mit mannigfachen und originellen
Formen hervorgebracht, die manches
Spätere an Gefälligkeit übertreffen, in-
dessen konnten die Kelten zu keiner
eigenen künstlerischen Entfaltung gelangen,
da ihre selbständige Kulturentwickelung
zu früh von den Römern durch die Pro-
vinzialisierung Galliens unterbrochen wurde.
Auch hatten sich vorher schon griechische,
phönizische und, durch Yermittelung der
in der Po-Ebene angesiedelten Kelten, ita-
lische Einflüsse geltend gemacht

Mit der Ausdehnung des römischen
Weltreiches bis Donau und Main, über
den Rhein hinaus und nach Britannien,
begann die Romanisierung Westeuropas,
die für Gallien und die oberen Rheinlande
schon zu Cäsars Zeiten ihren Anfang ge-
nommen hatte. Die bisher ohne inneren
Zusammenhang lebenden Völkerschaften
wurden in Provinzen mit römischer Ver-
waltung unter römischen Beamten und
Statthaltern eingeteilt, die wichtigsten
Punkte mit römischen Garnisonen belegt
und schliesslich Kastelle, Ansiedelungen
und feste Strassen nach römischem Muster
gebaut. Nun entfaltete sich ein lebhafter
Verkehr, sowohl zwischen den einzelnen
Ortschaften, als auch mit Italien selbst,
welcher das ganze Land mit römischen
Erzeugnissen aller Art — anfänglich ita-
lischen Imports, später auch im Lande
selbst angefertigt — überflutete. Wie aus-
gedehnt der Vertrieb dieser Waren sein
musste, geht aus dem Umstände hervor,
dass wir unter einer grossen Menge der
verschiedensten Töpferstempel doch immer
wieder die Marken einzelner nicht nur in
der ganzen Ausdehnung der gallo-germa-
nischen Provinzen, sondern auch in Italien
und selbst in Britannien vertreten finden.

Bei so bedeutenden Veränderungen
der gesamten Verhältnisse und einem der-
artig schnellen kulturellen Aufschwünge
konnte von einer den ursprünglichen An-
fängen entsprechenden Weiterentwickelung
der einheimischen und eigenen Formen
nicht mehr die Rede sein. Es galt, sich
den gesteigerten Anforderungen anzu-

passen, und da man diesen Ansprüchen
nicht gewachsen war, auch bei der Lage
der Dinge nicht gewachsen sein konnte,
ging die gallogermanische Selbständigkeit
auf allen Gebieten in der jede Eigenart
unterdrückenden römischen Ueberlegenheit
auf. Zwar nahmen auch die Römer von
den Unterworfenen manches ihnen nütz-
lich erscheinende an, doch war und blieb
das römische Element vorbildlich, und erst
einer viel späteren Zeit sollte es vorbe-
halten sein, wieder eine volkstümlich-
eigene Kulturrichtung zu erlangen, obwohl
die italischen Einflüsse aus unserem Ent-
wicklungsgänge nie wieder gänzlich ge-
wichen sind.

Zur Veranschaulichung der Umwand-
lungen auf kunstgewerblichem Gebiete
mit Beginn der römischen Periode im
Elsass ist vor allem die Betrachtung der
keramischen Funde in qualitativer wie
quantitativer Hinsicht am besten geeignet.
- Die frühesten einheimischen Gefässe
sind roh, nur mit der Hand geformt und
mittels eines sehr primitiven Verfahrens
gebrannt: infolgedessen weisen die Wände
im Bruche stets sehr verschieden gefärbte
Schichten auf. Sie wurden am offenen
Feuer, indem man sie aussen und innen
mit glühenden Kohlen umgab, nur ober-
flächlich gebrannt, während das Material
in der Mitte fast unverändert blieb. —
Die Verzierung der neolithischen Gefässe
ist grösstenteils mit Hilfe der Fingernägel,
kleiner Stäbchen etc. und der Anwendung
von Fingereindrücken, also durch die
denkbar einfachsten Mittel bewirkt. Die
gebräuchlichsten Zierformen waren Bogen
und Wellenlinien, Strich- und eingedrückte
Schnur-Ornamente, aufgesetzte Warzen und
wellenartig erhabene Muster. Doch finden
wir neben diesen Ornamenten Kerbschnitt-
muster von überraschender Schönheit.
Freilich sind die in dieser Weise verzierten
Gefässe ausserordentlich selten. 1

Die Gefässe der Bronzezeit zeigen

1 Die reichhaltigste Sammlung solcher Töpfe-
reien befindet sich im Besitze des Hrn. Staatsrats
Nessel in Hagenau.
 
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