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Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 2.1901-1902

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Stolberg, A.: Tobias Stimmer als Glasmaler
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https://doi.org/10.11588/diglit.6477#0105

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A. Stolberg: Tobias Stimmer als Glasmaler.

zeichneten, aber nicht selbst in Glas
übertrugen, auch zu den Glasmalern
zählen.

« Man weiss, was die Glasgemälde in
früheren Zeiten zu bedeuten hatten. Sie
sind den heutigen Aussteuern und Ehren-
gaben zu vergleichen, denn sie waren die
Geschenke, die man sich gegenseitig
weihte, um die Erinnerung an die Freuden
und Ehren festzuhalten, welche im Leben
des Einzelnen der Familie oder der Kör-
perschaft Epoche machten. War ein Haus
gebaut, so rechneten es sich die Freunde
und Nachbarn zur Ehre an, dem Herrn
des Hauses ihre Wappen und Sinnbilder
zu stiften. » So schildert J. R. Rahn die
Sitte der Fenster- und Wappenschenkung
in der Schweiz, bevor sie um die Wende
des sechzehnten Jahrhunderts in's Miss-
bräuchliche ausgeartet war. Auch die auf
uns gekommenen zahlreichen Risse für
Glasmaler bieten neben ihrer kunst-
geschichtlichen Bedeutung manche inte-
ressante Schilderung des häuslichen und
öffentlichen Lebens während der Refor-
mationszeit und der Jahrzehnte darnach.
Z. B. für die Verbreitung der Sitte der
Fensterschenkungselbst bietet uns Stimmer,
bez. Chr. Murer nach ihm Belege.

Die meisten der hier vorliegenden
Blätter sind Risse für bürgerliche, adlige,
geistliche und ständische Wappen und für
die Übertragung in Glas entworfen worden.
4, 9, 21 sind Studien anderer Art. Das vor-
liegende bildliche Material bringt zumeist
Glasbildvisierungen, deren Grössen in den
Originalen sich zwischen 196 und 525 mm
für die Höhe und zwischen 145 und 425 mm
für die Breite bewegen. Die Visierungen 1, 4,

9, 14, 16 finden sich bereits in meiner
Monographie über den Künstler und
kommen mit Erlaubnis der Herren Ver-
leger hier nochmals vor die Öffentlichkeit,

10, 18 und 21 hingegen bedeuten in jeder
Hinsicht ein vollständig neues Material.

Es ist bei der Art des bildlichen
Materials hier nicht der Ort, auf die
Werke Stimmers als Maler und Illu-
strator und auf sein Verhältnis zum
Können anderer Oberdeutscher bezw.

Schweizer Meister näher einzugehen',
nur über des Künstlers persönliche Ver-
hältnisse und über seinen Aufenthalt in
Strassburg haben wir hier noch einiges
zum Abdruck zu bringen.

Tobias Stimmer ist am 17. April 1539
in Schaffhausen geboren. Seine Familie
gehörte nicht zu den alten Schaffhauser
Geschlechtern, da sein Vater Christoph
Stimmer erst i535 aus Burghausen bei
Salzburg eingewandert und als Lehrer
an der Volksschule angestellt worden war.
Neben seinem Lehramte befasste er sich
mit Anfertigung kunstvoller Bücherein-
bände, die ebenso wie Glasgemälde eine
Leidenschaft des nordischen Renaissance-
menschen waren. Christoph Stimmer war
zwei Mal verheirathet. Aus seiner zweiten
Ehe mit Elisabeth Schneller von Rheinau,
die mit zwölf Kindern gesegnet wurde,
stammt als Erstgeborener der Maler
Tobias.

Ueber Tobias' Erziehung zum Künstler
ist ebensowenig bekannt wie über die seines
Bruders, des Glasmalers Abel Stimmer.
Erst i5Ö2 wird sein Name genannt und
zwar in einer Weise, die vermuten lässt,
er habe sich damals in der Fremde auf-
gehalten. Im Gegensatz zu Andreas An-
dresen und in Uebereinstimmung mit Sa-
lomon Vcegelin halten wir, wegen Stimmers
Malweise, die in ihren weichen Umrissen
und im Leuchten der Farbe stark an Ve-
netianisches erinnert — wenigstens bei den
Strasburger Gemälden — einen in der
Lagunenstadt wenn auch nur vorüber-
gehend stattgehabten Aufenthalt des
Meisters für möglich.

Von i565 an, in welchem Jahr das
Brustbild des Junker Martin Peyer, jetzt
in der Stadtbibliothek in Schaffhausen,
entstand, war Stimmer wieder in seiner
Vaterstadt, wo er wohl noch Ende der
sechziger Jahre — vor seiner dauernden
Uebersiedelung nach Strassburg — andere
Mitglieder der Familie Peyer und die
noch jetzt gut erhaltene Fassade des

1 Diese Gegenstände sind in meinem Buch
ausführlich behandelt worden.
 
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