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Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 3.1902-1903

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Helbing, Hugo: Handwerkskunst und Dilettantismus
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https://doi.org/10.11588/diglit.6478#0245

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H. Helbing: Handwerkskunst und Dilettantismus.

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teressen der modernen Handwerkskunst und
des modernen Dilettantismus fest zusammen.

Es war ohne Zweifel ein Gedanke
des Dilettantismus, eine persönliche Kunst
im Mause zu schaffen. Man höhnt jetzt
gerne die neue Kunstbewegung, weil sie
diesen Gedanken aufgegriffen. Man höhnt
die neue Kunst und uns Dilettanten, weil
wir so vermessen sind, unser Heim, unsere
Möbel nach dem Wesen des Bestellers,
nach unserem Wesen haben zu wollen.

Der Hohn liesse sich ertragen. Aber
weniger erträglich ist die Rückständigkeit,
die in der immer wieder auftauchenden
Frage ruht, warum sich die moderne
Handwerkskunst und der moderne Dilet-
tantismus gemeinsam als Kunstform der
einfach-schlichten Linien bedienen und nur
die vollkommen zweckdienliche Konstruk-
tion des Gegenstandes anstreben.

Wer da aber weiß, wie ganze Gene-
rationen in dem Vorurteil aufgewachsen

und erzogen worden sind, dass nur
„Prunkgegenstände" als kunstgewerblich
bedeutsam in Betracht kommen können,
der wundert sich nicht zu sehr über diesen
Mangel an Verständnis.

Dass auch die schlichteste Form, wenn
sie nur zweckmässig, darauf Anspruch
erheben kann, dem Schönheitsbedürfnis
entgegenzukommen, dass die Wahrheit,
die Form und Farbe den Wert eines
kunstgewerblichen Erzeugnisses bestimmt,
das können und lernen unsere gebildeten
Kreise nur schwer und ungern begreifen.

Der Dilettantismus, der durch die mo-
derne Bewegung ans Licht geführt wurde,
wird durch unerschütterliche Willenskraft,
durch Feuer des Gemütes und der Be-
geisterung vielleicht aber auch noch die
grosse Masse der Fernstehenden von der
Bedeutsamkeit seines Strebens für die
künstlerische Erziehung des Volkes zu
überzeugen vermögen.

Tischchen aus dem 18. Jahrhunden ; Lehnstuhl 17. Jahrhundert (1624) Im Schlosse zu Osthausen.
 
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