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Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 5.1904-1905

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Bruck, Robert: Eine Holzschnittmadonna aus Monsweiler
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https://doi.org/10.11588/diglit.6480#0060

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50 Dr. Robert Bruck : Eine Holzschnittmadonna aus Monsweiler.

kabinett verloren hat. Es ist ein Holz-
schnitt, der in meist leichten Wasserfarben
übermalt ist und den ich als um das Jahr
1485 entstanden halte. Die Abbildung
gibt originalgetreu die Größe des Bildes,
bezw. des Blattes wieder, Bildgröße bis
zur schwarzen Einfassungslinie: 20 cm
breit und 13V2 cm hoch, Blattgröße:
20,3 cm breit und 14ili cm hoch. An der
linken oberen Ecke ist, wie ersichtlich,
durch Abreißen der oberen Papierschicht
das Bild zerstört. Wir gewahren in der
Mitte des Bildes Maria auf einer gelben
Bank sitzend, sie ist in einen dunkelroten
Mantel gekleidet, ihr Haupt, das von
einem gelben Nimbus umstrahlt wird, um-
hüllt, auf die Schulter fallend und das
Gesicht freilassend, ein weißes Kopftuch.
Betend hat sie die Hände vor der Brust
zusammengelegt und den Kopf leise auf
die rechte Schulter neigend, schaut sie
mit stummem Schmerze zu der auf ihren
Knieen ruhenden nackten Gestalt des toten
Sohnes herab. Über dem gelben Lenden-
tuche sind die Hände des Heilandes über-
einander gelegt, eine grüne Dornenkrone
ist um das langgelockte Haupt geschlungen,
das bärtige Antlitz mit den geschlossenen
Augen ist nach abwärts gerichtet. Auch
des Herrn Haupt umgibt ein gelber Nimbus,
in den aber zum Unterschiede von Marias
Strahlennimbus ein schwarzes Kreuz ein-
gezeichnet ist. Außer den Wundmalen
sind noch die Blutstropfen und Blutflecken
des mageren dürftigen Körpers rot gemalt.
Zu beiden Seiten der Gruppe sehen wir
oben je einen blonden Engel, der in ein
gelbes Gewand gekleidet ist und dessen
Elügel, innen grün und außen rosafarben,
ausgebreitet sind. Der linke Engel ist
trotz der Verstümmlung des Bildes un-
schwer zu ergänzen. Links unten gewahren
wir einen Mann, scheinbar tot, auf der
Erde liegen, neben ihm knieend einen
zweiten, der, wie auf dem Bilde noch
sichtbar, die Hände betend gefaltet hat.
Der Knieende trägt einen roten Rock,
gelbe Strumpfhosen und schwarze Schuhe,
der Tote einen hellbraunen in das Graue
gehenden Rock, rosa Strumpfhosen und

schwarze Schuhe. Auf der andern Bild-
seite erkennen wir eine lebhaft dargestellte
Szene. Vor einem jugendlichen Geistlic.ien
mit blonden Haaren, der in ein weißes
geistliches Gewand gekleidet ist, aus dem
am Halse und den Ärmeln ein rosarotes
Untergewand sichtbar wird, kniet ein
gleich dem knieenden Manne auf der
linken Bildseite gekleideter Mann, betend
die Hände gefaltet, aus dessen Munde ein
kleines schwarzes Teufelchen ausgeht.
Um den Hals des Knieenden ist eine rosa-
rote Binde geschlungen, die von dem
Geistlichen mit der Linken gehalten wird,
während er mit der rechten Hand auf die
Gruppe der Schmerzensmutter mit dem
Heiland auf dem Schöße hinweist. Zu Füßen
der Madonna befindet sich ein Wappen,
das sicherlich auf die Geschichte von
Monsweiler Bezug hat. Im Schema ]ä']'
ist das Feld 1 rosa mit weißen doppelten
Querbalken, Feld 2 schwarzer Grund mit
gelbem nach links steigendem Löwen,
Feld 3 schwarze und weiße Rauten,
Feld 4 rosa Grund mit weißen Feld 1
und 4 durchgehenden Querbalken, dessen
beide Ränder aber in Feld 4 von gelben
Kronenzacken eingerahmt werden. Am
oberen Rande des Bildes liest man: «maria.
zu monelßwiler bij zabern » Also unser
Monsweiler (Munolsweiler), das zwei Kilo-
meter von Zabern entfernt uns in
der Kunstgeschichte seiner interessanten
Kirche aus dem 12. Jahrhundert wegen
bekannt ist. Ob das Wappen auf eine
Stiftung oder auf ein Geschlecht, das mit
Monswiler im 15. Jahrhundert in Ver-
bindung stand, etwa mit dem der «Diesen,»
ein Wilhelmus de Diesch wird in einer
in der Kirche zu Monsweiler sich befind-
lichen Inschrift genannt, Bezug hat, konnte
ich nicht in Erfahrung bringen.

Was die Datierung des Holzschnittes
betrifft, so wäre man nach der schema-
tischen und äußerst primitiven Körper-
bildung des Heilandes, nach den Gesichts-
bildungen und den mangelhaften und
unproportionierten Händen als auch der
Kleidung der Männer mit den kurzen
gegürteten und gesäumten, an den Seiten
 
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