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Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 5.1904-1905

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Oelenheinz, Leopold: Die Grenzen des Baugewerkschulunterrichts gegen Kunst und Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.6480#0240

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23o Prof. L. Öelenheinz: Die Grenzen d. Baugewerkschnlunterriehts gegen Kunst usw.

Ausbildung der mittleren Techniker durch
die Baugewerkschulen liege, wenn so
unerfreuliches allenthalben und in so
großer Menge zutage trete. Allerdings,
wenn man die oft geradazu hervorragend
sorgfältigen und gediegenen Baupläne und
anderen bautechnischen Zeichnungen der
Schüler bei den Schulausstellungen z. B.
anläßlich der Verbandstage der Bau-
gewerkschulmänner sah, und einen Ver-
gleich zog mit dem, was die Baugewerk-
schüler als selbständige Meister in Stadt
und Land oder als Gehilfen in ver-
schiedenen Stellungen selbständig
schöpferisches im Bauen und Bau-
plänen leisten, da wurde man wirklich
irr an dem tatsächlichen Erfolg des Unter-
richts an den Baugewerkschulen. Diese
selben Schüler, welche in den Klassen-
leistungen anscheinend so hervorragend
waren, leisteten im formalen5 mit ganz
verschwindenden Ausnahmen schon in
der Klausur der Abgangsprüfungen doch
meist mittelmäßiges, aber immer noch
besseres wie draußen als selbständige
Meister, und lange nicht das, was man
nach dem alle Kräfte von Lehrern wie
Schülern gleichmäßig zum äußersten an-
spornenden Drill des Unterrichts erreicht
zu haben glaubte.

Diese selben Schüler also, von denen
man tadellos behandelte Gebäudeansich-
ten f), Grundrisse und Schnitte in den
Ausstellungen bewundert hatte, sie ge-
hören mit zu jenen Schrecken der
Städte und Dörfer, von denen einmal
in München gesagt worden ist, daß sie
als

«impotente Dilettanten

« das Stadtbild massenhaft verhunzt. »7
Es ist hier nicht der Platz, zu
erörtern, ob an diesem entschiedenen
Mangel an Geschmack und Bescheidung,
an diesem völlig unverdauten unreifen

5 Konstruktiv liegt's aber noch viel ärger !

6 Ganze Paläste mitunter !

7 Wir können drei Hauptgruppen unter-
scheiden von derartigen Bauten: ä) die nüchter-
nen «Mietskasernen,') b) die « Protzenkasernen »,
c) die schamlosen Plagiate.

Zeug die Baugewerkschulen8 allein die
Schuld tragen. Klar ist aber, daß man
sie ihnen mit einem gewissen Recht zu-
weist. Von einer guten Schule erwartet
man gemeinhin auch gute Früchte. Das
«non scholae sed vitae diseimus» gilt
besonders für Fachschulen.

Hier soll nur untersucht werden, ob
die Baugewerkschulen auf ihren an die
Kunst und das Kunstgewerbe grenzenden
Gebieten ihrer wahren Aufgabe treu sind
und wo ihre oberen Grenzen da festzu-
legen sind. Denn es will mir scheinen,
als ob man sich dessen nie recht bewußt
war und gerade heute am wenigsten be-
wußt ist.

Der Zweck unserer Baugewerk-
schulen ist doch im allgemeinen jungen
Bauhandwerkern diejenige Ausbildung
zu geben, welche zur Ausübung ihres
Berufes, sei es als selbständige Bau-
gewerksmeister oder Bauunternehmer im
Hochbau, als technische Hilfsarbeiter im
Bureau und auf dem Bauplatz (Bauzeichner,
Bauaufseher, Bauführer) oder als mittlere
technische Beamte bei staatlichen und
städtischen Behörden (Bauschreiber, Stadt-
bauassistenten, technische Sekretäre usw.)
in Ergänzung ihrer auf dem Werkplatz
erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten
nötig ist.

Einige der Programme der Kgl.
Preußischen Schulen fassen den Wortlaut
auch so, daß « die Fertigkeiten im Zeichnen
und Entwerfen » die zur selbständigen
Ausübung des Berufes... (unumgänglich)
« notwendig sind » als ein Teil des Zweckes
genannt sind. Es geht, wie nun im einzelnen
die Fassung ist, aus allem hervor, daß
als Aufgabe der Baugewerkschulen För-
derung des Baugewerbes und nicht der
Baukunst gemeint ist.

Es ist wohl kaum nötig bei der
Schilderung der Tätigkeit zu verweilen,
welche den normalen Baugewerkschüler
werktätig mit Dingen in Berührung bringt,

8 Darunter sind nicht auch zu verstehen die
privaten Gewerbeakademien «Höhere Technika
für Architektur» u. s. w. (Kothen)
 
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