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Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 6.1905-1906

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Pazaurek, Gustav E.: Strassburger Kleinkunstobjekte in Kopenhagen und Wien
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Moderne Nutzkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.6481#0194
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.84

Moderne Nutzkunst.

Reisen" (I. 70), „behält den Preis in der
ganzen Welt".*

Nur einige der oben aufgezählten
Stücke, besonders die älteren sind auch
vom kunstgewerblichen Standpunkte von
Interesse; je später sie sind, umso ein-
facher und schlichter wird ihr Schmuck,
umsomehr gewinnt das rein praktische
Moment die Vorherrschaft. Wer sich
namentlich über die waffentechnische
Seite näher orientieren will, sei auf die
Publikationen von Leber und Bceheim,
sowie auf den vorzüglichen Katalog des
k. u. k. Heeresmuseums in Wien von
W. Erben und W. John aufmerksam
gemacht.

Die heute in Wien noch vorhandenen
vielen alten Straßburger Geschütze sind
jedenfalls nur ein kleiner Bruchteil dessen,
was ehedem daselbst vorhanden, aber
1805 von Napoleon wieder aus Wien als
Beute weggeführt worden war. Erst in
den Jahren 1809—1815 sind wieder manche
französische Kanonen, darunter jedenfalls
auch veraltete Systeme erobert worden,
die hoffentlich nun für alle Folgezeiten
nur noch «Ziergeschütze» bleiben werden.

* Ueber Strassburger Geschütze und (ie-
schiitzgießerei vgl. Leitschuh, Strafiburg S. 81 u. 82.

m9pf_rne Nützkunst

Das Schöne in unserer modernen
Nutzkunst ist aus dem Nützlichen hervor-
gegangen. So nehmen wir zumeist an,
aber Werner Fite hat umgekehrt argu-
mentiert. Die Umbildung von ästhetischen
Trieben in praktische Triebe ist allerdings
täglich zu beobachten. Und kein Zweig der
Kunst ist deshalb in ähnlicher Weise auf
immer neues Sinnen und Trachten der
Künstler angewiesen, als eben das Gebiet
der Nutzkunst. Sobald ein in seiner Form
schon an sich künstlerisches Objekt reif
ist, dem täglichen Gebrauche anspruchslos
zu dienen, tritt es unvermerkt in die Reihe
der notwendigen Lebensbedingungen und
verliert dabei an seinem Schönheitswert
in gewissem Sinne. Wir lieben nicht nur
in der Kunst, auch in der Nutzkunst das
Feiertägliche, das Subjektive. Die köst-
lichen Geräte der Renaissance waren nicht
Gegenstände täglichen Gebrauches. Der
tägliche vertraute Umgang mit dem Er-
zeugnissteigert in uns nur sein Ansehen in

Bezug auf Zweckmässigkeit und Brauch-
barkeit, wir empfinden in den seltensten
Fällen mehr dabei, daß das Schöne aus
dem Nützlichen entstammt. Jeder wahr-
haft künstlerisch gestaltete Gebrauchs-
gegenstand erlebt darum merkwürdige
Schicksale. Er ist geschaffen in ernstem
Sinnen, mit Aufgebot der Phantasie; er
ist aber auch erzeugt nach den strengen
Forderungen der Form, d. h. des Zweckes.
Wie oft kämpft die freie Gestaltungskraft
des Künstlers mit dem Zweckgedanken !
Der Zweckgedanke thront über allem
Schaffen als der Herrscher in der Nutz-
kunst. Jedes willkürliche Auflehnen gegen
ihn rächt sich. Wer seiner Gesetze spottet,
spottet seiner selbst.

Und deshalb ist die Nutzkunst heute,
was sie schon einmal war: sie ist eine
Principien- und Methodenlehre. Sie macht
die Gründe und das Begründen selbst
zum Objekt. Wer heute noch die Nutz-
kunst degradieren will, verkennt ihre
 
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