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Kunstgewerbliche Rundschau: Verkündigungsblatt des Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine — 2.1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.8035#0022
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FranMW ^

hne ihren Beruf als Lüterin des knnstlerischen Erbtheils
vergangener Iahrhnnderte aufzugeben, hat die lünion
centrale äes ^.ris ääcoranss bei den von ihr in den letzten
Iahren ausgeschriebenen Wettbewerbungen stets iin pro-
gramm ausdrücklich verlangt, daß durchaus darnach gestrebt werden
solle, Neues nach jeder Richtung zu ersinnen, um — wie dio Ilevue
äes ^rls ääcorariss sagt — dem cntnervenden Lopieren altcr Arbeiten
oder alter Stilarten zu entrinnen. Auf die Frage, ob das erwartete
Ergebniß dem verlangen entsprochen, ob alle Loncurrenten Zeugniß
abgelegt haben von besonderm Talent, von unbcstrcitbarom Aönnen,
von srischer Einbildungskraft und von dem starken Millen, alle alter-
thümlichen Linflüsse abzustoßen — auf diese Fragen antwortet dic
Revue auf Grund des Urtheils der Iur^ verneinend, Als Ursache
wird die Zurückhaltung der bedeutenderen künstlerischen Arästo hin-
gestellt, welche aus Parteinahme, Gleichgiltigkeit, Geringschätzung oder
aus Furcht vor Uränkung ihrer Eigenliebe diesen Wettbewerbungen
fern bleibcn; zuglcich wird die Besorgniß ausgesprochcn, daß der gute
Ruf der nationalen Aunstindustrie Einbuße erleide, wenn die Er-
gebnisse solcher lvettbewerbe von oberflächlichen oder mangelhast unter-
richteten Beobachtern weiter verbreitet werden.

liebhaber verhöhnt und verlacht wurden, sobald sie sich anschickten, ihren
Kerker zu verlassen. — Daran knüpft das genannte Blatt einige Be-
trachtungen, die wir, da dieselben sür die Anschauungen der betressenden
Areise besonders bezcichnend sind, in Folgcndem ziemlich unverkürzt
wiedergeben: „Die dauerhaftesten Revolutionen sind vielleicht diejenigen,
welchc sich ruhig vollziehcn. lVir sind Zeugen eincs großen Kampfcs
zwischen der llcbcrlieserung und der „moäernirä". Alas bleibt uns
morgen? lvelche Lrnto von llieistcrwerken bescheert uns das folgende
Iahrhundert? lvelche srcigebige Blüthezeit wird Frankreich die vor-
herrschast in Geschmack, Lrfindungsgabe, Anmut, Geist, Griginalität
crhalten, vor welcher sich die ganzo Wclt beugt? Die Krisis ist zu
scharf, wir sind zu sehr an dem Aamps bctheiligt, um eine sichcre
Antwort hierauf zu geben. Zum mindesten haben wir das Recht, aus

eine völlige ilmwandlung der landläustgen Theorien zu hosfen".-

Der künstlerische Entwurf zu neuen französischen
Briefmarken rvurde durch die Generaldirektion des französischen post-
und Telegraphenwesens zum Gegenstand eines auf französische Künstlcr
beschränkten lvettbewerbes gemacht, demzufolge drei stattliche Preise von
2000, ;500 und ;ooo Franks für die besten Entwürse ausgesetzt worden
sind. Ls ist dies cin neucr Bcweis, welchc Bcdeutung in Frankreich

(;7. und ;8. Iahrhundert).

24—27. Geschnitzte Ltuhllehnen aus T^rol.

Gezeichnet von jr. pnukert. p/,o der wirklichen Größe).

Ilnseres Lrachtens braucht man dic llrsache der Zurückhaltnng
der tüchtigeren Kräste gar nicht in solch' kleinlichcn Regungen zu suchcn,
wic die oben genannten sind; die Sachc liegt sehr einsach so: weil dic
tüchtigeren Kräfte überzeugt sind, daß sich ein neuer 5til, der zugleich
vou Allen verstanden wird, nicht von heut aus morgen erfindcn läßt,
darnni bleiben sie licber den Wettkämpfen scrn, bei welchen der Ge-
brauch der altbcwährten lvasfen untcrsagt ist. Vbglcich das verbot,
ältere Etilsormcn hereinzuziehen, gcgcnüber den Echülerarbeiten nicht
so strcng ansgesprochen war, sah das Echiedsgcricht sich dcunoch ver-
anlaßt, eine große Reihe sonst tüchtiger Arbciten auszuschlicßen; diese
Eucht, alle Anklänge an schon Dagewesencs aiiszumerzen, ging sogar
soweit, daß ein Lntwnrs schon deshalb ausgeschieden wurde, wcil
modern-englischer Liiifluß dabei im Spiel zn scin schien!

Die Preisausschreiben der «läniou» wcnden sich stets einerscits
an die Kunstschüler Frankreichs, andererseits an die selbständigen llluster-
zeichncr; die Besucher der Keole äes 8eaux-^ns sind der dießmaligen
Aufgabe — ein dreisarbiges llliister zn einem scidenen lllöbelstosf —
vollständig ferne geblieben, was besonders schmerzlich empfunden
worden zu sein scheint, Seitens der lllnstorzeichner waren SZ Ent-
würfe, seitens der Schüler ;;; eingelaufen; die Prcise in lhöhe von
zsoo bis herab zu zoo Frs. gclangtcn sämmtlich zur vertheilung.

Das Facit, welchcs dio llevue äss ^ns äecoralils zicht, läßt sich
etwa mit folgenden lvorten wiedergebcn: lvenn das Lrgebniß dieser
lvettbewcrbung auch uicht ganz den an dieselben geknüpstcn löosfiiungen
entsprach, so dars dassclbc doch in seiner lvichtigkeit nicht unterschätzt
werden. Neuerer und Neueruiigsdurstige suchen das Ioch des lser-
kommens, unter wclchem die nationale Industrie so lange verkümmerte,
abzuschütteln; cs weht ein srciheitlicher Luftzug. Die unabhängigen
Kräfte sind zwar noch selten und tasten noch ängstlich; man be-
obachtet sie heute mit Intcresse und ermuntcrt sic, währcnd noch vor
füns Iahren die von den altcn 5tilen geknebelten Künstler und Kunst-

der künstlerischen Ausstattung cines selbst vcrhältnißmäßig gcring-
fügigen Gcgenstandes zugewendet wird. Ls warcn im Ganzcn 68H Lnt
würfe eingelaufen, von denen die llevue äes ^ns äöcorarils in Nr. ;2
d. v. I. eine kleine Anzahl abbildetc. — Als gegen Lnde des Iahres
Z888 die Nachricht durch die Prcsse lief, das Reichspostamt beabsichtige
neue Briesmarken anfertigen zu lassen, richtete der damalige
vorort des verbandes deutscher Kunstgewerbe-Vereine (lllüiichen) an
dcn Gcneralpostmeister die Bitte, zur Lrlangung von Lntwürfen einen
allgomeinen lvettbewerb zu veranstalten; in seiner Antwort vom 22. De-
zember gen. Iahres theilte das Reichspostamt mit, „daß es sich lediglich
um cinige Abändcrungen an den Formen des Reichsadlers und der
Reichskrone handle, daß also zur Ansschreibung einer lvettbeiverbung
um Lntwürfe keine veranlassmig vorliege." Nach dieser Antwort dnrste
man wohl überrascht sein, als die nenen lllarken denn doch mit den alten
außer in den Reichsinsignien nicht mehr die geringste Aehnlichkeit auf-
miesen. — lvir wollen hoffen, daß dic Reichsxost, der es bei ihrer glän-
zenden Finanzlage auf einige Tausend lllark gar nicht ankommen kann,
im gegebencn Fall dem Beispiel ihrerfranzösischen Lollegin nachsolgt! —
von der ku nstgew er b lich en lvettbewerbung des Na-
gasins äu I. o u v r e in paris um eine p et r o l e nm la m p e und eine
Ltickcrei, welche vor einigcr Zeit zur Lntscheidung gelangt ist, ver-
ösfentlicht -^.n pour tous- die Lrgebnisse, zum Theil mit den Abbildnngen
der Lampen; unter dcn letztern wird vielleicht nur die mit dcm ersten preis
(ZLOO Frs.) bedachte Lampe anch bei nichtsranzösischen Käufern Gefallen
erregen. Die übrigen scheinen zumeist als versuchsfelder sür modern
naturalistische Dekorationskunst gedient zu haben; aber die Art, wie da
die Flächen mit Blumen, Blättern odcr kleinem Gethier beklebt sind, er-
scheint nicht wie eine „srohe verheißung." Beachtung und Nachahmung
seitens unserer Fabrikanten verdient aber das preisausschreiben in anderer
lsinsicht; es wurden nämlich im Ganzen über 6000 Frs., sowie 2 goldene
und 8 silbcrne llkedaillen vertheilt — außerdem gegen 40 Belobungenl «


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