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Kunstgewerbliche Rundschau: Verkündigungsblatt des Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine — 2.1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.8035#0062
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französischen Rococo, welche in Bel-
gien nur schrittweise dem nationalen,
allmächtigen Rubensstil das Terrain
abrang. Vriginell ist der bellende
lsund, als Syinbol der lVachsainkeit,
der hier die Pfoten auf das sich auf-
rollende, mit Akanthus geschmückte
Ende des Briistungssimses auflegt
und die Stelle des majestätisch droh-
enden Löwen auf Fig. sZ vertritt.

Besonders originell sind, wie
in der kirchlichen lsolzschnitzkunst an
den durchbrochenen Geländern der
Aanzeltreppen, so auch an den
Trcppenpfosten und Geländern aus
privathäusern im städtischen Museum
von Brüssel die mannigfaltigen Lö>
sungen, welche der Rococostil
hervorgebracht hat, wovon dic hier
folgenden Figuren eine Reihe an-
ziehender Bcispiele gcben. Aecht
vlämisch und im Grundschcma der
Anordnung (mit den unten breit aus-
ladenden voluten, wie in der vor-
liebe für figurales Bauwerk noch an
den Rubensstil erinnernd, im Detail
aber bereits Rococo) ein reichge-
schnitzter Treppenxfosten mit dem Lrzengel Michael, der die lvinde besiegt
und ebenfalls die symbolische Rolle eines Ljauswächters spielt. (Fig. S3.)

Lin reizendes Treppengeländer in ächtestem Rococostil, an
welchem auch die Docken in zierlich durchbrochenes Schnörkelwerk auf-

gelöst sind — ähnlich wie an zahlreichen Aanzel-
treppen dcs ;8. Iahrhunderts — sehen wir
ferner von Innen und Außen auf Fig. s-i
und ss.

Andere, nicht minder zierliche, wicwohl
einfachere Beispicle von Treppenpfosten im
Rococostil, welcher sich so trefflich gebogenen
Trcppen anpaßt, zcigen sodann die Figuren

S6, 6? Ulld 66.

Auch die dem Rococo folgende soge-
nannte Zopfzeit, auch Louis XVI. pcriode
genannt, in welchcr wieder klassische INuster
in einer etwas zierlich-zaghaften IDeise nach-
geahmt und das phantastisch-kecke Rococo-
schnörkelwescn beseitigt wurde, sindet in cinigcn
hübschen Treppenpfosten des städtischen INu-
seums von Brüssel seinc vertretung (Fig. sy
und 7o). Später, unter der Berrschaft des
Llassizismus und den darauf folgenden Phascn
der Lklektizismus, des stillosen Naturalis-
mus, des kunstlosen INilitarismus, sowie der
knechtischen Imitation, wurde jedenfalls auch
auf diesem speziellen Gcbiet der tholzschnitz-
erei in Belgien, ebenso wie anderswo, wenig
Lrsprießliches mehr geleistet; doch ist anzu-
erkennen, daß in Belgien die Aunst der
kjolzskulptur, wenn auch zunächst imitativ tech-
nisch und stilistisch früher wieder aufblühte als
z. B. in Deutschland, indem dort schon in den
40er Iahren wieder Trcffliches an dicsem Gc-
biet geleistet wurde. 6. Sempcr.

KüiistgmeM-Lkrkine. Wuskkii. IgulN

r?ayer. Kunstgewerbe-Verein zu München.

Dev dritte Vereinsvorsiand, Rath Lergl, vollendete am fo. d. M.
das siebzigste Lebensjahr; die Glückwünsche, welche demselben seitons
des vereins unter Ueberreichung eines silbernen Bechers bei diesem
Anlaß dargebracht wurden, mögen in der Vereinszeitschrift mit diesen
Zeilen ihr Lcho findenl

verband deutscher Kunstgewerbe-Vereine.

Der VII. Delegirtentag findet am 30. August d. I. in Dresden
statt. Als die Ihauptxunkte heben wir aus der Tagesordnung her-
vor: lvahl des vorortes fsys/d?, Besxrechung und Beschlußfassung
über das betr. Beschickung der Lhicagoer lveltausstellung eingegangene
Material, Feststellung eines Lunstgewerbetages, Besprechnng eines vom
Altenburger Aunstgewerbeverein betr. die seitens des lhandwerker- und
Innungstages beim Bundesrath gestellten Anträge auf Linführung
obligatorischen Befähigungsnachweises rc. gebrachten vorschlages. «

Museen und andere Sammlungen.

Das »eue Nationalmusemn in München, dessen Bau rüstig fort-
schreitet, wird mit einer Lentralheizung versehen, welche es ermöglicht,
die Bureaux und Btudienräume auf f6°, die Sammlungen selbst auf
die Tag und Nacht gleichbleibende Temxeratur von s- zu erwärmen.
Mr freuen uns, daß durch dieses vom Ministerium gutgeheißene vor-
gehen, ein von dieser Zeitschrift mit allem Nachdruck ausgesprochener
Wunsch erfüllt wird.

Das nordböhmische Gewerbemuseum in Reichenbcrg, welches
schon lange einen die bisherigen beschränkten Räumlichkeiten ersetzen-
den Neubau erstrebt, hat vom letzten Landtag nur die ksälfte der er-
forderlichen Bausubvention, nämlich f30,ooo sl. bewilligt erhalten, ist
aber jetzt auf dem besten Mege, mit bsilfe der von dem Statthalter
Graf Thun-Lsohenstein eröffneten Sammlungen diesen Mangel zu be-
seitigen. ^

Das Ivelsenmuseum in loaunover. Durch den hochherzigcn Lnt-
schluß Sr. Kgl. ksoheit des- Lserzogs von Lumberland sind jctzt dcm
Provinzial-Nuseum die gesammten Bestände des sogenanntcn „lvelsen-
museums" zu daucrnder verwaltung überwiesen, nachdem schon früher
die alten und modernen Bildcr und Skulpturen in den Räumcn oines
selbständigen ihallen-Anbaues zur Aufstellung gekommcn warcn. Das
Melfenmuseum umfaßt eine überaus reiche Sammlung von Rüstungen
und Waffcn, Skulpturcn in Stein und ksolz, Textilarbciten und Wcrkcn
der Aleinkunst, die die Goschichte des welfischen bserrscherhauses und die
Aultnrentwicklung in welfischen Landen illustrircn. — Durch diesen
Zuwachs an kulturhistorischen Alterthümern tritt das Provinzial-Museum
in die erste Reihe gleichartiger Sammlungen. Freilich werden die
einzelnen Gbjekte erst bei einer loseren Aufstellung als die jetzigen
engen und beschränkten Räume sie ermöglichen, zur Geltung kommen
und erst in dem neuen Museum, für das seit Aurzem ein allgemeiner
Mettbewerb unter deutschcn Architekten ausgcschrieben ist, voll ge-
würdigt worden. Nach kjerstcllung eines zeitgemäßen und feuer-
sichern Nuseumsgebäudes hofft man auch den sogenannten „Welfen-
schatz" zur Aufbewahrung zu erhalten, jcne berühmte im Besitze des
lserzogs von Lumberland befindliche Sammlung kirchlicher Aunst-
gegenstände romanischen und gothischen Stylcs, dio einst dem Dome
von St. Blasius in Braunschweig gehörten und die jetzt im k. k. Aunst-
gewerbe-Museum zu Men aufgestellt sind, dessen lsauxtzierde sie bilden. ?l.

Das Veibnitz-baus in Dannover. Zwischen der Stadtverwaltung
und dem Aunstgewerbe-Verein ist vor Kurzem ein Abkommen ge-
troffen, das im Interesse der Stadt, wie unserer kunstgewerblichen Samm-
lungen auf's freudigste zu begrüßen ist. Das dem Staate gehörige
sogonannte Leibnitzhaus, der vornchmste Renaissancebau unserer Stadt,
seiner Zeit vom Aönig Lrnst August für den Fiskus erworben, war
vor einigen Iahren dem Aunstgewerbe-Verein überwiesen, nachdem
das Inncre im Sinne eincs mittelalterlichcn norddeutschen Aaufhauses
umgebaut und die Fa;ade einer pietätvollen Renovation aus Rlitteln
des lvelfenfondes unterzogen war. Der verein hatte seine Sammlungen
in den schönen Inncnränmen dergestalt untergebracht, daß dio zusammen-

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