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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 19.1869

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M.: Eine Sorte französischer Galanteriewaaren
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Lichtenstein, ...: Ein Tafelaufsatz
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Etwas zur Nachahmung!
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https://doi.org/10.11588/diglit.9045#0013

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hindern durchaus nicht, daß sie uns anziehen, unsere Zimmer in
brillanter Weise schmücken, und unseren, für technische Mängel sonst
sehr empfindsamen Augen sehr wohl gefallen. Hier giebt es ein
Etwas, was unserer Beachtung im höchsten Grade werth ist.

Es will uns bedünkcn, als konnten wir für uns und unsere
Industrie aus diesen verhältnißmässig geringfügigen Gegenständen eine
sehr große und sehr zu beherzigende Lehre ziehen. Jene Gegen-
stände französischen Jndustriefleißes liefern uns den klarsten und
einfachsten Beweis, daß weder der Werth des verwendeten Materiales,
noch die Genauigkeit der technischen Ausführung, wie man in der
Regel glaubt, die ersten Bedingungen in der Kunst sind, sondern
daß im Gegentheil der Werth des Materiales ein vollkonimcn
gleichgültiger ist und daß dieser oder jener Grad der gewiß über-
aus wichtigen technischen Vollkommenheit erst in zweiter Linie
steht. Die technische Vollendung ehrt den ausführenden Arbeiter
in hohem Maße, was Niemand in Abrede stellen wird noch kann,
allein soll der zarte Hauch der Kunst, jene unsichtbare, allgewaltige
Macht über eine menschliche Schöpfung der besprochenen Art aus-
gebreitet sein, so ist zuerst die viel gewichtigere Grundbedingung
zu erfüllen, die im Allgemeinen, dem Zwecke und dem Materiale
des jeweiligen Gegenstandes entsprechende Form sammt ihrer Orna-
mentirung frisch und lebendig und aus einem Gnße zu entwerfen.
Man sehe z. B. eine jener plateaux du Maroc genauer an. Was
nimmt unsere Aufmerksamkeit zuerst in Anspruch? Jene einfachen
anspruchslosen, aber durch die kräftigen Farben in Verbindung mit
dem Glanze des Metalles (wobei letzterer freilich die erstcren bedingt)
so brillanten Ornamente. Unser Auge verfolgt ohne Anstrengung
die Haupttheilungslinicn und Hauptfelder, begreift sofort die Art
der technischen Ausführung und betrachtet sie gerne. Bald darauf
aber wird unser Auge durch folgende Beobachtung in großes Er-
staunen gesetzt. Es gewahrt nämlich nach einiger Zeit, wie die
Einzelnheiten, welche die brillante Gesammtwirkung Hervorrufen,
Wohl sehr unvollkommen und ungenau aber breit und massig gear-
beitet sind. Es war eben der künstlerische Wurf des Ganzen welcher
unfern Sinn bestrickt hatte und uns in den ersten Augenblicken alles
sonst Mangelhafte völlig übersehen ließ und diesen wichtigen Punkt
würdigen zu lernen, muß unser unablässiges Bestreben sein. Wenn
der Blick eines kleinlichen Beobachters nur an den unvollkommenen
Einzelnheiten hängen bleibt, so verschwindet wohl jener Zauber
welcher das Auge zuerst so völlig gebannt hielt und welcher doch
die Hauptsache an einem Werke bleibt an welchem die Kunst ihren
Antheil hat. Dieser Zauber ist es gerade, welchen wir nach
und nach allesammt wieder zu begreifen und zu empfinden bestrebt
sein müssen und ehe wir nicht zu diesem Ziele gelangt sind, können
wir von einen wahren Fortschritt unserer Industrie nicht sprechen.
Um hierzu nach Kräften beizutragcn haben wir uns veranlaßt gesehen
obige Gegenstände zu besprechen, denn was wir darüber gesagt,
worauf wir dabei aufmerksam versucht haben, ist sicherlich nicht neu,
ist hingegen schon oft, sehr oft ausgesprochen worden. Allein unsere
Menschennatur ist der Gewohnheit zu sehr unterworfen, sie will
hie und da aus ihrer Blindheit oder Gleichgiltigkeit, mit welcher
sie die sie täglich umgebenden Gegenstände betrachtet, oder richtiger,
nicht betrachtet, aufgerüttelt sein, auf daß sie wieder fruchtbare Beob-
achtungen anstelle.

Ein Tafelaufsah.

L. Vor einiger Zeit war in dem hiesigen Kunstverein ein
Tafelaufsatz ausgestellt, welcher für den Generalmusikdirektor Lachner
bestimmt war. Der hellenisircnde Entwurf für diesen Tafelaufsatz
stammt von dem Direktor der hiesigen Kunstgewerbschule, von Dhk,
die Figuren modellirte Bildhauer I. Hirt; gegossen und getrieben
wurde das Werk von Harrach. Es ist ein vortreffliches Werk der
Silberarbeiterkunst. Wie durch die lebendige Wiedergabe des Figür-
lichen wird auch dadurch ein guter Eindruck erzielt, daß die ver-

schiedenen Metallfarben sowie die mannichfaltigen Abstufungen des
Metallglanzes vortrefflich dazu benützt sind, die einzelnen Theile
des Aufbaues sich von einander abheben und zugleich zusammen
stimmen zu lassen. An dem dunklen Sockel des Tafelaufsatzes sind
durch vergoldete Guirlanden vier Medaillons verbunden, welche vier
die Menschenalter repräsentirende Köpfe einrahmen; darüber erhebt sich
als Träger der ersten Schaale ein mehrfach gegliederter Schaft aus matt-
gehaltenem Silber; den Haupttheil des Schaftes für die zweite, obere
Schaale bilden vier große umgeschlagene, vergoldete Blätter, vor und
unter welchen wir wie unter einem Dach vier Figuren aus oxidirtem
Silber sehen, durch welche die Kirchenmusik, die symphonische, dra-
matische und lyrische Tondichtung personifizirt sind. Ueber der
zweiten Schaale baut sich ein abnehnibarer Becher auf; rings um
denselben taucht in getriebener Arbeit aus dem Ornamente ein
Reigen musicirenden Genien auf. Den Deckelknauf krönt als Schluß
des Ganzen der geflügelte Genius der Phantasie, welcher in die
goldne Leier greift. Die letztere Figur ist wie jene vier erwähnten
Personifikationen gegossen. Die Farbe des oxydirten Silbers dieser
Figuren macht im Verein mit der Vergoldung der Attribute einen
ernsten und feierlichen Eindruck.

# Etwas zur Nachahmung!

Es ist doch um den Lokalpatriotismus eine schöne Sache! Eine
Stadt muß zur Blüthe gelangen, wenn ihre Bürger ein Herz für
dieselbe haben und für gemeinnützige Zwecke Opfer bringen. Nürn-
berg kann in der That stolz darauf fein, daß es solche Bürger be-
sitzt. Vor kurzem war in den Zeitungen zu lesen, daß von den
beiden Fabrikhcrren Cramer-Klett und Faber jeder 100,000 Gulden
für die Gründung eines bayerischen Gewerbe-Museums iu Nürnberg
bestimmt habe. Die Stadtgemeinde Nürnberg hat 150,000 Gulden,
der Landrath von Mittelfranken aus Kreismitteln einen jährlichen
Zuschuß von 3000 Gulden für denselben Zweck bewilligt. An
dieser Stelle wollen wir aber ganz besonders das Verdienst der
einzelnen Bürger hervorheben, und zur Nacheiferung empfehlen.
Gibt es denn in München, wo doch auch wie in Nürnberg ein starker
Lokalpatriotismus, eine große Anhänglichkeit an die Heimatstadt
vorhanden ist, nicht auch solche Bürger welche für Zwecke, die ganz
besonders dem Berufe der Stadt entsprechen, Opfer zu bringen
bereit wären? Und hat München denn nicht den Beruf zu erfüllen,
auch eine Stadt des Knnstgewerbes zu werden, wie es vor Jahr-
hunderten schon eine solche war? Wie könnte in dieser Stadt der
Reichthum der in ihr befindlichen Sammlungen, die schon be-
stehende Pflege der Kunst und das natürliche Geschick welches die
Bewohner der Stadt und des nahen Gebirges für das Kunsthand-
werk besitzen eben diesem Kunsthandwerk zu statten kommen, wenn
die Wohlhabenderen dasselbe mehr und besser unterstützen würden,
als es thatsächlich der Fall ist! Daß der Staat seine Schulen für
das Kunstgcwerbe gründet, ist gut; aber damit ist noch nicht Alles
gethan; diejenigen, welche das Kunsthandwerk schon praktisch aus-
üben oder später ausüben werden, bedürfen einer Ermunterung und
einer Gelegenheit zur Fortbildung. Hier besteht seit dem Jahre
1851 ein Verein für Ausbildung der Gewerke, welcher das Vorbild
für andere jetzt mit bedeutenden Mitteln ausgestattete Vereine
wurde, während er selbst, welcher nun den Beruf hätte, jene
Gelegenheit für die Fortbildung der ausübenden Gewerbsleute zu
bieten, nur über ganz spärliche Mittel verfügt. Es ist für München
geradezu eine Ehrensache, einen Verein zu erhalten und auszudehnen,
welcher wie gesagt in anderen Städten, in welchen man das Kunst-
gewerbe heben will, zur Nachahmung reizte. Durch den Wetteifer
in edlen Dingen werden die Städte groß und blühend, möge München
nicht Zurückbleiben!
 
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