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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 20.1870

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Kuhn, ...: Ueber italienische Majoliken
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Beschreibung der Kunstbeilagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9147#0060
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Seine Geschicklichkeit in der keramischen Kunst errang ihm sehr bald
den Beinamen Mästro und so nannte er sich fortan Mästro Giorgio
da Gubbio (seit 1526). Man zählt ihn unter die Nachahmer des
Lucca della Robbia, namentlich da er im Anfänge seiner kerami-
schen Thätigkeit — er war nemlich zugleich Bildhauer — auch im
Runden und Halbrunden arbeitete, jedoch nur bis zum Jahre 1513.

So arbeitete er im Jahre 1511 für die Kirche San Dome-
nico in Gubbio den Altar des hl. Abtes Antonius und 1513 den
Rosenkranzaltar für dieselbe Kirche; der letztere befindet sich gegenwärtig
im Städel'schen Museum in Frankfurt, da ihn der Gründer dieses Mu-
seums im Jahre 1833 käuflich erworben hatte, nach dem erjbeider fran-
zösischen Occupation in „den Revolutionskriegen von feinem Stand-
orte abgehoben und entfernt wurde. Im nämlichen Jahre 1513
entstand auch der Hauptaltar in der Observantenkirche unweit von
Bevagna von der Hand dieses Meisters und ebenso kennt man von
ihm 6 Engelstatncn für die Portiunculakapelle in Assissi sowie eine
Madonna in Basrelief für die Mönche von Gubbio.

Was jedoch unfern Meister von Lucca della Robbia unterscheidet,
besteht darin, daß er Hände und Köpfe der Personen nicht cmaillir t,
sondern nur bemalt, um den Figuren einen mehr natürlichen Fleisch-
ton geben zu können. Ein weiteres Kennzeichen seiner plastischen
Gestaltungen besteht darin, daß er den Heiligen immer einen gelben
oder vergoldeten Heiligenschein gibt, während Lucca della Robbia
denselben stets in weißem Email, hie und da auch noch vergoldet,
aber niemals in Gelb darstellte.

Wenn sich nun auch Meister Giorgio's Thätigkeit bis zu dem
bezeichneten Zeitpnncte, der Art und Weise della Robbia's folgend,
mehr mit plastischen Schöpfungen befaßte, so haben wir doch hin-
reichende Anhaltspuncte, daß er sich neben diesen Arbeiten mit der
Flächendecoration beschäftigte, die er von den nächsten Jahren an
zum Hauptzweige seines künstlerischen Schaffens wählte und darin
Außerordentliches leistete.

Wir treffen von obigem Zeitabschnitte an kein einzig beglau-
bigtes plastisches Werk mehr an, doch eine Menge von Majoliken,
die er mit Arabesken, Grotesken und Wappen schmückte. Erst mit
deni Jahre 1520 kommen bei ihm historische Darstellungen vor.
Wir haben hiesür um so festere Anhaltspuncte, als unser Meister
in der Regel neben seinem Zeichen NG auch noch die Jahreszahl,
in welcher die Arbeit gefertigt wurde, beifügte. Vom Jahre 1520
besitzen wir leider wenige Werke.

Mit den Jahreszahlen 1521, 1523, 1524 findet man keine
bezeichneten Stücke; einige mit den Zahlen 1522 und 1525, bei
letzteren sind auch die Anfangsbuchstdben M. G. beigefügt. Seine
umfassendste Thätigkeit fällt jedoch in das Jahr 1526, wo zum
erstenmale die Bezeichnung „M. G. da Ugubbio“ uns aufstößt.
Etwas langsamer scheint das Geschäft 1527 gegangen zu sein, je-
doch sich in den nächsten fünf Jahren gehoben zu haben. Dagegen
wird seine Thätigkeit 1532 und 1533 wieder unterbrochen, im
Jahre 1534 mit erneuter Kraft ausgenommen, in den Jahren 1535
und 1536 ist wieder Stillstand, dagegen ein höchst reges Leben
entfaltet sich vom folgenden Jahre an bis zu 1540.

Ist nun auch Mästro Giorgio mit den Koryphäen ans dem
Gebiete der Malerei nicht auf gleiche Linie zu stellen, so wird ihm
doch bezüglich der Flächendecoration ans dem Bereiche der kerami-
schen Kunst ein Zweiter den Rang nicht streitig machen und das
um so mehr, als er in einem weit höheren Grade als Lucca della
Robbia des metallischen Reflexes Meister wurde, so daß seine Ma-
lereien bei jedem verschiedenen Lichtstrahle ihre Farbe ändern. Zu-
dem wendet er zuerst das Prachtvolle Rubinroth mit metallischem
Schimmer an und glänzt Alles bei ihm in einem sprühenden
1 Goldton.

Eine ganz ähnliche Tüchtigkeit erbte von ihm sein Sohn V i n-
cenzo, meist Cencio genannt — beglaubigte Werke von den
obengenannten Brüdern des Meisters Giorgio Salimbene und Gio-
vanni existiren nicht — welcher auch den Beinamen „mästro Pres-
tino“ führte und mit dem Vater bis 1536 gemeinschaftlich arbeitete,

in welchem Jahre jedoch der Vater Giorgio seine Interessen von
denen seines Sohnes trennte. Daß der Sohn Vinceuzo (Cencio)
ganz in die Fußtapfen des Vaters bezüglich der künstlerischen und
technischen Tüchtigkeit eingetreten sein mußte, erhellt aus dem Um-
! stände, daß gerade in jenen Jahren, in welchen, wie ich oben be-
merkte, des Mästro Giorgio Thätigkeit so ziemlich ruhte, uns Werke
eines Künstlers mit dem Buchstaben N entgegentreten, welche fast
denselben metallischen Schimmer wie Giorgio's Arbeiten zeigen. Es
ist dieses fast mit Gewißheit der Sohn Vincenzo; und wenn mau
auch einwendet, daß auf diesen Gefäßen der Reflex nicht ganz so ist,
wie auf den mit Giorgio's Zeichen versehenen, so möge man nur
bedenken, daß sich auf den künstlerischen Producteu von Giorgio's
Hand nicht immer die gleiche Jntensivität des Tones der Trans-
s parenz findet, woran ja manchmal ganz unbedeutende Ursachen
Schuld tragen.

Mit dein Sohne Vincenzo und dessen Tochter Antonia, welche
an einem Majolikafabrikanten Bertoldi in Castel Dnrante verhei-
.rathet war, scheint das Geheimnis; des metallischen Reflexes erstor-
ben zu sein, da wir mit späteren Jahreszahlen keine ähnlichen künst-
lerischen Producte, und kein einziges mit Bertoldi bezeichnet, an-
treffcn.

Zum Schlüße glaube ich noch eine Streitfrage berühren zu
müssen, welche von hohem Interesse ist.

Es finden sich nemlich sehr viele Fabrikate ans den bezeich-
neten Jahren, welche entweder das bewußte Monogramm .,M. G.“
oder doch den metallischen Reflex tragen, deren Zeichnung, künst-
lerische Durchführung und Haltung jedoch nicht auf den Mästro
Giorgio oder dessen Sohn Vincenzo schließen lassen, so daß mit
gutem Recht Bedenken geltend gemacht werden. Die Lösung der
strittigen Sache ist aber dadurch gegeben, daß es feststeht, daß um
den Reiz des metallischen Reflexes, welcher natürlich ein Geheimniß
für Mästro Giorgio und seine Familie blieb und mit ihr auch aus-
starb, auch für ihre Producte zu erhalten, die Majolikamaler an-
derer Fabriken ihre schon bemalte Waare nach Gubbio schickten, um
sie von Giorgio mit diesem nietallischen Schimmer, der über die
! Farben gelegt wurde, versehen zu lassen und daß der Meister auch
auf diese Productionen seine Marke und die Jahreszahl setzte.

Beschreibung der Kunftbeilagen.

Heft 11 Blatt 1. Motiv zur Bemalung einer Majolika: Ent-
wurf von Anton Seder. Randornament weiß mit Hellbl au
schattirt, Grund dunkelblau; der innere Rand um das Figür-
chen hcllokerfarbig mit Sepiagrund; Figur auf dunkelblauem
Grund in Sepia schattirt.

Blatt 2. Cigarrenspitze und Tabakspfeife für Elfenbeinschnitzer,
Glockenzug in Bronce, entworfen von E. Harburger.

Heft 12 Blatt 1. Holzvertäflung aus dem Speisezinimer des kgl.
Erzgießerei-Jnspectors Herrn Ed. v. Miller, entworfen von
Jos. v. Schmädel, Architekt.

Die Bertäslung wurde vom Schreinermeister Jos. Frank in
München aus Fichten- und Eichenholz ausgeführt. Die dunkel-
schraffirten Gesimse und Füllung sind eichen, die übrigen Holz-
theile sichten. Das Eichenholz ist mit Eisenlack gebeizt und
das Fichtenholz zweifach schellackirt, welche zwei Farbentöne
den; Ganzen einen harmonischen Eindruck verleihen, und zu-
gleich in ihrer scharfen Abgränzung und Contrastirung einen
sehr malerischen Eindruck gewähren.

Blatt 2. Renaissancefüllung für Holzschnitzer, entworfen von E.
Harburger.

Redigirt unter Verantwortlichkeit des Redaktionsausschnsses von vr. Lichtenstein. — Kgl. Hofbuchdruckerei von vr. C. Wolf & Sohn.
 
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