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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1878

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Sepp, ...: Ursprung der Glas-Malerei, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6904#0013

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Man seit mir je von Tegernse,

wie wol dez bsuz mit eren ste:

dar kerte ich mer dan eine mite von der straze.

ich bin ein wunderlicher man,

daz ich mich selben niht enkan

verstnn und mich so vil an frömde liute Uze.

ich schilt es niht, wan got genade uns Beiden,

also nazzer

musst ich von des münches tische scheiden.

Walther hatte nach gewisser Meinung *) „von der heute noch befahrenen, von
Rosenheim über Miesbach nach Tölz führenden Kreuzstraße abbiegend sich nach Tegernsee
gewendet." Tr kann keine Meile vom Innthal über die Kaiserwacht und Glashütten heraus-
gekommen sein, obwohl er für einen Tiroler zu gelten hat. war es nicht unter Abt
Manegold, dem Dichterfreund (U89—1206), oder seinem für Wissenschaft so eingenommenen
Nachfolger Berchtold, als der Ritter des Weges zog? Tr stimmte hier feine Laute, und
einzelne Gesänge, wie der Anfang des Krenzliedes, siitd bis Beneditbeuern gedrungen, denit
die Carmina Burana enthalten drei Strophen, nachgesungene Bruchtheile waltherischer Lieder,
vielleicht hielt er sich zu lange am schönen Tegernsee auf und bekam auch mehr als blos
einen Trunk Wasser: nur nicht ein neu Gewand und frisches Rößlein nebst klingendem
Lohn, wie er sich geträumt haben mochte. Tine Minneklage, wohl von einer Aventiure am
Tegernsee gesungen, lautet:

Roter Mund, wie dü dich schwächest!

Laß dein Lachen seyn,

Schau: dich, daß du mich anlachest,

Nach dem Schaden mein.

Walther klagt ebenso über die Ungroßmuth Kaisers Otto IV., und selbst am lustigen
Kose Leopold'? VII. von Oesterreich: „Ts regnet um mich ringsumher, mich aber trifft allein
nicht ein Tropfen." So zog er als Steekenreiter fürder, wohl Benediktbeuern zu.

von Tegernsee gingen auch dramatische Schauspiele in die Nachbarschaft aus.
von da stammt das älteste Schaustück und pompöse „Singspiel voit der Ankunft und
dem Untergang des Antichrist", welches eine Austorderung an den Beldenkaiser und
christlichen Weltherrscher, zugleich Schirmvogt des Klosters, Friedrich Barbarossa, zum
Kreuzzug und Kampf wider die Sarazenen enthält und unter Abt Manegold Hs89 zur
Aufführung kam. Der vermuthete Dichter, ein Wern her von Tegernsee, war ein Mann
voll deutschen Geistes und vaterländischer Gesinnung. Tr dichtete hier das Drama vom
Kaiserthum deutscher Nation. Im Vorakte tritt der Antichrist aus, wie Satan im Faust.
Der Kampf des Glaubens und Unglaubens erscheint als der große Konstikt der Weltgeschichte,
cheiden-, Juden- und Thristenthum fechten ihn aus, das Reich allein ist es, welches dem
Widerchrist mannhaft widersteht. Die Bühne zeigt im Hintergrund den Tempel des Berrn;
um ihn her stehen die sieben Throne, zunächst der des Königs von Jerusalem, und der
Stuhl der jüdischen Spnagoge; gegen Abend ist der Sitz des römischen Kaisers, dann die
Throne des Königs der Franken und Deutschen. Südöstlich behauptet der griechische Kaiser
seinen sillatz, gegen Alittag sitzt der König von Babflon und Fürst der Beiden. Das
cheidenthum mit dem babylonischen König tritt singend vor und behauptet die Unsterblichkeit
der Götter:

„Wie die Welt in: Widerspruch wandeln, wechseln die Gestalten,

„Also kann kein einz'ger Gott über alle Wesen walten."

*) Dr. £j. EjoIIaitb’s Altdeutsche Dichtkunst in Bayern p. 44, 74, 82, 46C G(2 ff. was die Carmina Burana p. 49
beklagen: ,, Versa est in luctum

„Cythara Waltheri“,

gilt von einem klerikalen Sänger, wahrscheinlich Waldherr, wie der Name im Isarwinkel heimisch ist.

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