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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1878

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Pecht, Friedrich: Kunstindustrielle Ergebnisse der Pariser Weltausstellung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6904#0082

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---s- 82 -H-

wieder; nicht minder die reiche schillernde Palette Makart's, die mit diesem ein wenig süßlich
parfümirten Geschmack nichts zu thun haß in den Wiener Industrie-Artikeln, so den Teppichen
von chaas, Giani n. 2l. m.

Noch stärker tritt der enge Zusammenhang der Kunstgewerbe mit der Architektur jedes
Landes besonders in der sogenannten Nationenstraße hervor, wo jedes Volk die Stirnseite
seines Ausstellungsraumes durch eine Haeade in seinem nationalen Baustil zierte, wenn es
noch einen solchen besaß, Hast immer von einheimischen Arbeitern ausgeführt, lehrt uns
dieselbe sofort den Zustand der Baugewerke kennen. Da ist es nun in ungewöhnlichem Grade
interessant zu verfolgen, wie dieselben nationalen Tharaktereigenschaften und Sitte», lokalen
Bedingungen des Materials rc., die solchen Styl einst hervorgebracht, sich so hartnäckig
erhalten oder immer wieder auf's Neue erzeugen, und in der Industrie fast genau so zur
Erscheinung kommen, wie in der Kunst selber. Eben weil fast jeder solche Styl das Ergebniß
der besonderen Bedingungen war, unter denen das betreffende Volk existirte, so wird er ihm
auch jetzt noch besser als jeder andere gelingen, davon überzeugt man sich sehr rasch. So
sind von allen diesen Bauten die am erquicklichsten, wo die betreffenden Völker auf ihre
nationale Renaissance zurückgegriffen, wie das die Belgier, Holländer, Engländer, Italiener
thaten. Aber auch die Portugiesen, Russen, Schweden, Ehinesen und Japanesen brachten
sehr Interessantes. Dagegen haben gerade die Franzosen, besessen von der Sucht, durchaus
Neues aufzutischen, dies nicht gethan, sondern statt auf den ihnen so trefflich entsprechenden
Lonvrestyl znrückzugreifen, sich capricirt einen neuen Baustyl zu erfinden und sind damit beim
großen monumentalen Trocadöropalast wie bei den Ausstellungsbauten selber trotz allen
Talents und der Verwendung kolossaler Mittel entschieden verunglückt, haben Dinge geschaffen,
denen die Willkürlichkeit an der Stirne geschrieben steht. Nur zu oft ist es derselbe Hall bei
ihren kunstgewerblichen Erzeugnissen, z. B. im Bereich der ungeheuer reich vertretenen Möbel-
fabrikation und Bautischlerei, sonst einer ihrer stärksten Seiten. Ihrer Natur nach haben die
Möbel sich mit der Architektur des Zimmers, diese mit der des ganzen Gebäudes, in dem
sie sich befinden, in die genaueste Uebereinstimmung zu setzen, wenn nicht eine Disharmonie
entstehen soll. Weit eher verträgt man fremde Stylformen bei Kleingeräthen aller Art, die
ja durch den Handel in die ganze Welt verführt werden. Die französischen Möbeltischler nun
thun sich aber viel darauf zu gut, in allen möglichen Stylen zu arbeiten; so bringt Hour-
dinois, unstreitig der erste derselben, zwei Portale im nationalen Louvrestyl ganz vortrefflich,
ebenso einen Schrank, der ein vollendetes Meisterwerk ist; dagegen hat er minderes im
Louis XVI. und Empire-Geschmack, wo man bei aller Virtuosität der Ausführung eben doch
alsbald die Empfindung hat, daß das tobte Nachahmung, baare Willkür fei. Und doch sind
das immer noch nationale Stylarten. Um so schlimmer ist es aber, wenn Andere chinesische
Möbel oder antike u. dgl. nachmachen, wo denn allemal jene innere Ueberzeugung fehlt,
die allen Schöpfungen im nationalen Styl belebend und tragend zur Seite steht. Denn ein
solcher nationaler Baustyl ist ja nichts Anderes als diejenige Modifikation der allgemein gel-
tenden Bauformen, die ans dem Naturell-Geschmack, den Mitteln und Verhältnissen des betref-
fenden Volkes mit Nothwendigkeit sich ergeben hat. Unstreitig ist aber dies der größte Mangel
der sonst so eminenten französischen Kunstindustrie, daß sie, mit Ausnahme ihrer nationalen
Renaissance, die darum fast immer glänzend gelingt, nur Moden, aber keine Ideale hat und
dadurch oft etwas Geschminktes und Uebertriebenes, theatralisch Aufgeputztes bekommt, was
sie Einem zuletzt gründlich verleiden kann, so viel Kunstfertigkeit sie auch verschwendet.

Am wenigsten ist dies bei den Fayencen, Majoliken und Emails der Hall, die in
Frankreich von jeher beliebt, sich nach und nach zu einem kolossalen Industriezweig ausgebildet,
in welchem dermal Th. Dek den Ton angibt, wie Hourdinois bei den Tischlern, Lhristoste
bei den Silbergeschirren und Barbedienne unter den Bronzegießern.

Kann man als hervorragendsten Zug bei der ganzen Metalltechnik bezeichnen, daß sie
 
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