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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1879

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Heft 3/4
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Bericht über die Generalversammlung des Bayer. Kunstgewerbe-Vereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.6905#0030

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5- 26 -4

Es ist nicht leicht, so Schönes zu schaffen und immer darauf bedacht zu sein, daß auch Alles bezahlt werden
kann, und der Bedürfnisse zeigten sich so unendlich viele während des Baues.

Wir brauchten eine große Ausstellungshalle; sie mußte so eingerichtet werden, wie man es in unserer
Zeit gewohnt ist, schön, ja prunkvoll; sie sollte ein würdiges Asyl bilden für die Werke, die uns anvertraut
werden. Als diese unsere Ausstellungshalle eröffnet wurde, glich es einer Völkerwanderung; unausgesetzt war
die Ausstellung voll von Menschen, so daß es nöthig wurde, vermehrtes Auffichtspersonal für die Sicherheit der
Gegenstände aufzustellen. Es kamen allerdings zunächst nur Beschauer; allein ich glaube, es ist auch ein
Erfolg, wenn sich das Publikum bei dem Anblick kunstgewerblicher Erzeugnisse freut. Wollte ich, wie cs in
anderen Rechenschaftsberichten geschieht, die Zahl der Personen angeben, die uns besuchten und ihren Beifall
spendeten, so hätten wir gar viele Tausende zu registriren. Ich sage, cs waren nur Beschauer; dennoch glaube
ich auch den materiellen Erfolg als einen zufriedenstellenden bezeichnen zu dürfen.

Wir hatten bisher alle Jahre eine sogenannte Weihnachtsausstellung etablirt, in der Zeit, in der das
Publikum am meisten geneigt ist, Ankäufe aus dem Bereiche der Aunstindustrie zu inachen und waren
dabei bestrebt, die ausgestellten Werke unserer Mitglieder zu verkaufen; wir waren auch immer mit dem
Resultate zufrieden.

Unsere Einnahme beziffert sich hu vergangenen Jahre, d. h. in den Monaten Oktober, November und
Dezember J877, aus 5853 Mark. Vergleichen Sie nun das Resultat der drei Monate vorn Jahre s878, in
welchen eine Einnahine von 55,257 Mark erzielt wurde, so glaube ich diesen Anfang als einen auch materiell
erfolgreichen bezeichnen zu können, der unseren Mitgliedern die Mühen lohnt und sie ermuthigt, das Beste, was
sie zu machen vermögen, in diese Ausstellung zu bringen. Ich widerstehe der Versuchung, Ihnen zu schildern,
wie viel des Schönen unsere Ausstellung geboten, ich scheue mich, Namen zu nennen, weil ich fürchte, nicht im
Stande zu sein, alle Verdienste erwähnen zu können, die sich in der kurzen Zeit geltend gemacht haben und muß
cs wohl Ihrem eigenen Urtheile überlassen; Sie haben es ja selbst gesehen und sich gewiß darüber gefreut!

Weniger befriedigt uns die Beachtung und Benützung all' jener Einrichtungen und Lokalitäten in
unserem neuen Vereinshause, welche wir bemüht waren, den: Areise unserer Mitglieder so angenehm und nützlich
zu machen, als wir es nur innner vermochten. Wir sind ja von dem Gedanken ausgegangen, daß das paus
der Zentralpunkt für alle Bewegungen der Aunstindustrie in Verbindung mit der Aunst werden sollte. Nicht
ohne Absicht haben wir ein Lesezimmer für unsere Mitglieder geschaffen und unsere Fachbibliothek zur bequemen
Benützung dargeboten. Auch ein Zeichnungssaal, in dem ein tüchtiger Wnstler von einer Stunde zur andern
den zu erwartenden Aufträgen entgegensieht, ist eingerichtet, allein vergebens! Ich bedaure das von ganzem
Perzen und bitte Sie, wirken Sie mit, daß es besser werde und unser Vereinshaus seinen Zweck ganz erfülle.
Meine perren! Ich sehe in: Geiste die Zeit herankonnnen, wo kein gewerbliches Produkt :nehr verkauft werden
kann, wenn es nicht den Stempel künstlerischen Verständnisses, den Stempel der Schönheit an sich trägt; aber
auch den Aünstlern möchte ich zurufen: Nicht innner wird das Staffeleibild die höchste Stufe künstlerischer
Thätigkeit einnehmen, man wird noch höher achten die Aunst, das ganze Gen:ach, das ganze paus zu einem
Aunstwerk zu machen, und es werden diejenigen Meister der Aunst, die dies Ziel zu erreichen vermögen, die
gesuchtesten sein.

Meine perren! Nach ineinen vorausgegangenen Schilderungen über die perstellung dieser Räume und
ihrer Einrichtungen möchte wohl die Furcht entstanden sein, daß wir mit unfern Mitteln weit über die Schnur
gehauen haben; ich muß auch gestehen, daß wir bei einzelnen Dingen mehr ausgegeben haben, als hiefür in
Aussicht genommen war; allein wir suchten dam: bei anderen Dii:gen wieder zu ersparen und so stehen wir
heute vor der erfreulichen Thatsache, daß wir das vollkommen eingerichtete paus und Alles, was wir bestellten,
auch pünktlich bezahlt haben, so daß uns keine Schuld drückt und daß sich dabei das 5tammvern:ögen des
Vereins in diesen: abgelaufenen Jahre nicht nur nicht vermindert, sondern um 5000 Mark vermehrt hat.

Unsere Abendschule anlangend, konnten wir uns von den: Gedanken und der Ueberzeugung nicht trennen,
daß es für Lehrlinge sowohl wie für die Arbeiter nichts Nützlicheres gäbe, als durch Zeichnen und Fachunterricht
die Abende auszufüllen und sich so für ihren künftigen Beruf zu vervollkommnen. Es wurde daher beschlossen,
diese unsere Abendschule in so lange fortzusetzen, bis dem Bedürfnisse in anderer kräftigerer Weise durch den
Staat oder die Stadt genügt werde, und eine Aonnnission ernannt, welche künftig diese Schule zu überwachen,
bestehende Mängel zu prüfen und zu beseitigen hat. Eine neue Schulorduung ward für nothwendig erachtet,
un: sowohl bei der Aufnahme von Schülern mit zweckmäßiger Strenge die richtige Auswahl zu treffen, als auch
den Lehrgang in fruchtbringender Weife bethätigen zu können. Obgleich ich auch hier mit Bedauern erwähnen
muß, daß mich der Eifer in: frequenten Besuch der Abendschule nicht befriedigte, möchte ich Sie dennoch ein-
laden, durch Besichtigung der im anstoßenden Lesesaale aufliegenden Arbeiten von Zöglingen der Abendschule
sich selbst ein Bild von den anerkennenswcrthen einzelnen Leistungen derselben zu machen, und ich meine, wenn
wir nicht Nachlassen und namentlich die perren Lehrmeister entsprechend Mitwirken wollten, müßte unter den
jungen Leuten für diese ihnen so nützliche Bildungsanstalt mehr Lust und Freude erweckt werden können.
 
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