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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1879

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Heft 5/6
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Vermischte Mittheilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6905#0051

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Winkels ist von trefflicher Arbeit. An der vierten Wand stehen
zur rechten und zur linken Seite einer zweiten Doppelthüre je
ein Buffet und dann noch zwei Eckmöbel, das eine für den
Pandwafchapparat, das andere für die Uhr. Sämmtliche, von
perrn Fritzsche entworfene Möbel sind auch iin Innern mit
reichen, von perrn Kunstschlosser R. Kirsch aus Schmiedeeisen
gearbeiteten Bändern versehen. Das ganze Werk wird gewiß
den Ruf der Münchener Kunstschreiner vergrößern. Diese ar-
beiten nicht allein für die Städte Bayerns, sondern auch für
Berlin, Leipzig, Frankfurt a. M., Worms, Straßburg, Stutt-
gart, Braunschweig und auch für österreichische Städte und
Schlösser.

Unter den in der Ausstellungshalle befindlichen Möbeln sind
noch von hervorragender Bedeutung zwei Silberschränke und ein
eingelegter Tisch von Wächter nach Zeichnungen von Ad.
Seder, ein Bücherschrank von Seitz & Seidl, ein Sxeisetisch
von Rau, ein gothischer Tisch und Stuhl von Wächter. Die
Gothik ist nicht so vollständig verdrängt, als man sich gewöhnlich
vorstellt. So hat perr Rau vor einiger Zeit eine sehr sehens-
werthe gothische Zimmereinrichtung nach Augsburg geliefert.

Unter den anderen Ausstellungsgegenständen haben einen
besonderen Reiz für das Auge die von Pofchinger in Theresien-
thal nach Keller-Leuzinger ausgeführten grünen Gläser, sowie
die nach Angabe desselben Meisters in Hamburg verfertigten
Lhampagnergläser, dann Majoliken von Schwarz in Nürnberg
und ein Armband, Retten und Manchettenknöpfe von Leigh.

Auch eine ganze Schule hat einen Theil ihrer vielbegehrten
Erzeugnisse ansgestellt, nämlich die von perrn T. F. Deininger
gegründete und geleitete Schule für Schmelzfarbentechnik. Zur
Ausstellung gelangten Renaissanceplatten und Teller mit reicheren
oder einfacheren Grnamenten, zu welchen pirth's Formenschatz
ausgiebigen Stoff lieferte; auch der Barockstil und das Rococo
gehen nicht leer aus. Das Altmeißner Porzellan wird imitirt.
Le pautre, Watteaux, Boucher werden studirt und benützt. Drei
Viertheile der von dieser Schule nach und nach in unserer Palle
ausgestellten Gegenstände wurden verkauft.

Der Zweck der Schule ist der, junge Leute so heranzubilden,
daß sie entweder sich etabliren oder als Gbermaler in Fabriken
eintreten können, ferner die Schülerinen von dem gewöhnlichen
Dilettantismus zu befreien und sie zu befähigen, sich im Falle
der Roth einen verdienst verschaffen zu können. Die Schüler
und Schülerinen werden nicht allein in der Schmelzfarbentechnik
für Porzellan, Fayence u. s. w. unterrichtet, sondern auch air-
geleitet, mit Del- und Wasserfarben umgehen zu können. Sie
werden auf diese Weise befähigt, Gegenstände, die sie selbst nach
der Natur sich zusammengestellt und in Gel- oder Wasserfarben
skizzirt haben, in Schmelzfarbentechnik für Porzellan, Fayence
u. s. w. zu übertragen. Mehrere Schülerinen sind schon wieder
als Lehrerinen thätig oder arbeiten für Geschäfte, selbst in
Amerika und England. Bestellungen von Malereien auf Ge-
schirren, Vasen, Platten, Tabakspfeifen u. dgl. werden auch in
der Schule angenommen und ausgeführt, so daß von den An-
gehörigen derselben alsbald etwas verdient werden kann.

Verein für deutsches Nunstgcwcrbe zu Berlin.

Ls wird für die Mitglieder unseres Vereins von Interesse
sein, Einiges über den Stand und die Entwickelung des Ber-
liner Brudervereins zu vernehmen. Die Generalversammlung
ist den Statuten gemäß für die Berichterstattung des Vorstandes,
der Kommissionen, für die Rechnungsablegung und Vornahme
der Vorstandswahl bestimmt. Nach dem Bericht zählte der Verein
im Januar 223 Mitglieder. Die Gesammteinnahme der ab-
gelaufenen Vereinsepoche belief sich auf 2895 Mark 29 Pf., die
Gefammtausgabe auf 2529 Mark 35 Pf. Es wurde die Er-
richtung einer Ausstellungs- und verkaufshallc geplant, wofür
bis zum Januar dieses Jahres 9000 Mark gezeichnet waren.
Neigung und Zutrauen zu dem Unternehmen sind bei den Kunst-
gewerbetreibenden im wachsen begriffen. Der „Reichs-Anz." be-

richtet über die \5. Pauptverfammlung vom t-tz Mai. Vorsitzender:
Professor p. Vogel, perr Professor Döxler eröffnete die Reihe
der Vorträge, welchen auch Damen zuhörten, mit einem dem
Abend angemessenen Gegenstände: Die Beziehungen der Lraucn
zum Kunstgewerbe. In klarer Anordnung seines reichhaltigen
Materials begann der Redner mit der Darlegung der Grund-
prinzipien des Kunstgewerbes, als welche er das verschönen
und veredeln nutzbarer, für den praktischen Gebrauch bestimmter
Gegenstände in Form, Farbe und Stoff hinstellte. Die für diese
Thätigkeit nothwendigen Eigenschaften liegen, wie er ausführte,
im innersten Wesen der Frauen begründet und befähigen sie zu
ihrer Mission, das häusliche Leben ethisch und ästhetisch zu ge-
stalten. Als wichtige Punkte in dieser Beziehung hob er die
Pstego des Sinnes für das Edle und Schöne bei den Kindern,
die Einrichtung der Wohnräume, verschieden je nach den zu
Gebote stehenden Mitteln, nach dem Charakter der Wohnungen,
dem bevorzugten Stil rc., hervor. Redner verfehlte dabei nicht,
die herrschende Geschmacklosigkeit in modernen weiblichen pand-
arbeiten zu rügen. Gleiches Interesse wie dieser Vortrag fand
die Ausstellung eines stilvollen und stillosen Zimmers, welche
in zwei Ecken des Saales hergerichtet worden waren. Zu dem
erstgenannten Zimmer hatten die pp. Lyck & peyder die Ta-
peten , Pr. Ehrenhaus die Teppiche, Pr. A. Müller die Decken,
die pp. Max Schulz und R. Wieske die Möbel, Pr. Paufchner
die Bronzen und die pp. Wild & Wessel die Lampen geliefert.
Gbgleich der Aufbau nur als improvisirt gelten konnte, war
der Eindruck der Anordnung ein entschieden malerischer. Im
krassen Gegensatz dazu zeigte das stillose Zimmer eine Illustra-
tion aller Fehler, die bei modernen Wohnungseinrichtungen
begangen werden. Pr. Baumeister Schäfer übernahm die Er-
klärung dieses Zimmers. Den Beschluß des Abends bildete
ein Referat des Prn. Prof. Vogel über die vor Kurzem in dritter
Auflage bei velhagen 8c Klasing in Bielefeld erschienene „Li-
teraturgeschichte" von R. König, welche nicht nur einen einfachen
Literaturbericht liefert, sondern in wort und Bild zeigt, „wie
unsere Altvordern Bücher gedruckt und geschmückt haben." —
vor Beendigung der Sitzung inachte Pr. Baumeister Luthmer
noch auf die Ausstellung architektonischer Reiseskizzen aufmerk-
sam, die in kunstgewerblicher pinsicht viel lehrreichen Stoff
darbietet.

Ausstellungen in Frankfurt a. M., Berlin, Leipzig,

Teplist. Der mitteldeutsche Kunstgewerbeverein ist mit seiner
permanenten Ausstellung kunstgewerblicher Erzeugnisse, welche
vorher in gemietheten Sälen untergebracht waren, seit dem
tS. März in die Räume des bisherigen Städel'schen Institutes
in Frankfurt übergesiedelt. Zehn Säle dieses Gebäudes stehen
dem Verein zur Verfügung.

Im ersten peft dieses Jahrgangs wurde die in Berlin
für die Monate April und Mai projektirte Ausstellung von
Reiseskizzen und von architektonischen, dekorativen
und kunstgewerblichen Ausnahmen erwähnt. Es wur-
den nicht weniger als 5000 Blätter ausgestellt. Diese sind nach
den Ländern geordnet worden, in welchen die Griginale zu
finden sind. Der Besuch ist leider ein schwacher. Dagegen er-
freut sich die Industrie-Ausstellung der Stadt Berlin
eines sehr starken Zulaufes. Das Berliner Runstgewerbe ist in
dieser Ausstellung auch durch Perstellung und Einrichtung ganzer
Kabinete vertreten.

In Leipzig wurde am \5. UTat die Ausstellung kunst-
gewerblicher Erzeugnisse des Königreichs Sachsen, der preußischen
Provinz Sachsen und der thüringischen Länder eröffnet. Die
reichbeschickte Ausstellung, in welcher neben den Schöpfungen
der Gegenwart mustergiltige Werke der Vergangenheit in großer
Anzahl zu finden sind, dauert bis zum 50. September.

Im August wird in Teplitz eine Industrieausstellung er-
öffnet werden, in welcher auch alte und moderne Erzeugnisse
des Kunsthandmerkes ihren Platz finden sollen.
 
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