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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1879

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Heft 11/12
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Friedrich, Carl: Die Technik der Goldgläser
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https://doi.org/10.11588/diglit.6905#0086

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-3- 82 ►#-

Von dieser Art von Gläsern existirt eine große Anzahl gegen 3^0;') ihr gemeinschaftlicher Harne ist Gold-
gläser, weil alle zwischen zwei Glasschichten ein Goldplättchen einschließen, das zu irgend einer, sei es religiösen,
sei es profanen Darstellung gravirt ist. Da aber von diesen kostbaren Gefäßen, init zwei einzigen Ausnahmen
nur die mit den Golddarstellungen geschmückten Böden auf uns kamen, so gab man ihnen auch den Namen
Goldböden, fbndi d’oro; und sie heißen endlich auch Tömeterial- oder Tatacombengläse r, weil sie
beinah alle aus den Gräbern des unterirdischen Roms stammen, ft wo sie, mit deni unteren Theile in den frischen
Kalk der Grabverschlüsse eingelassen, theils zum Schmucke, theils zur Unterscheidung der loculi dienten.

Diese Bezeichnungen aber sind alle nwdern; welche im Alterthume üblich waren, davon haben wir keine
Kenntniß, indem unserer Gläser von den antiken Schriftstellern nicht an einem einzigen Orte gedacht ist. ft Zwar
frühere Archäologen und in neuester Zeit kferr Or. Albert Zlg, ft beziehen eine Stelle des Athenäus, die
Worte ,'uaXiva StaXpuaa S6o£ desselben, ft auf die Goldgläser, von denen wir handeln. Allein unter diesen zwei
durchgoldeten Glassachen ist, wie wir schon anderswo einmal ausgeführt,ft sonst schwerlich etwas zu verstehen
als Schalen von goldfarbigem oder goldgelbem Glase, das man auch in unserer Zeit mit vollendeter
Meisterschaft wieder herzustellen vermag. Diese Bedeutung der aus Athenäus citirten Worte ist dem Alterthume
uin so sehr viel natürlicher, als dasselbe bei der Glasbereitung fein hauptsächlichstes Augenmerk auf die Nach-
ahmung edler Steine und U cetalle verwandte, ft Wir müssen uns daher bescheiden, die in der Wissenschaft
eingesührten Benennungen einfach anzugeben und zu adoptiren, um so mehr, als sie mit Ausnahme der zwei
letzten, ohnehin sehr glücklich gewählt sind.

II.

Wer nun, ein Laie in der Kunst des Glasblasens, das Bruchstück im kgl. bayer. Nationalmuseum, das
wir hier abbildlich mittheilen, vielleicht angeregt durch diese Zeilen, näher betrachtet, der wird sich wundern, so gar
keine Spur zu entdecken, wie das Goldplättchen zwischen die zwei Glasschichten kain. Alan wendet sich dann
gerne um Auskunft an die Glasfabrikanten; allein diese, mehr im Vertriebe als in der Herstellung der Gläser
bewandert, sind selten in der Lage, eine richtige Aufklärung zu geben. Wan muß von Zugend aus in den
Fabriken sich bewegt und selbst mitgearbeitet haben, wenn man in diesen Dingen sich einer Einsicht rühmen will.
Weil wir diesen Bedingungen vollauf nachgekommen sind, könnten wir auch das bei unseren Goldgläsern zur
Verwendung gekommene Verfahren den Lesern mit eigenen Worten anschaulich machen; aber wir ziehen es vor,
einen mit der Sache vertrauten Autor des f0. Jahrhunderts sprechen zu lassen. Es ist der sog. fteraelius, der
in seinem Buche „von den Farben und Künsten der Römer", ft über die Anfertigung der in Rede stehenden
Gläser folgende Beschreibung hinterließ:ft „Die Römer", sagt er, „inachten sich Schalen aus Glas, sorglich
unterbrochen mit Gold, eine überaus kostbare Sache. Daran habe ich mit höchstem Eifer meine Wühe gewendet
und des Geistes Auge ließ ich darüber brüten Tag und Nacht, auf daß ich die Kunst erringen möchte, durch
welche die Schalen herrlichen Schimmer- erhalten. Endlich brachte ich zuwege, was ich nun, mein Theuerster
offenbare. Zch fand, daß Goldplättchen sorgsam zwischen gedoppeltem Glase eingeschlossen sind. Als ich diese
Arbeit öfter mit eigenen Augen genau betrachtet hatte, wurde ich immer mehr und mehr angeregt, endlich nahm
ich mir mehrere Schalen von spiegelklarem Glase und bestrich sie mittelst eines Pinsels mit klebrigem Gummi
(pinguedine gummi). Daraus begann ich sodann Goldplättchen zu legen und, sobald sie getrocknet waren, grub
ich Vögel und Menschen und Löwen, je nachdem es mir gut dünkte, daraus ein. Als das geschehen, zog ich
darüber eine Schichte Glas, das ich am Feuer mit sachverständigem Manche (docto flatu) dünngeblasen. Sobald
nun das Glas in gleicher Weise die kfitze empfunden, schloß es sich ringsum dünn in trefflicher Weise an."

Diese Stelle ist an sich klar, so daß sie eigentlich keiner erläuternden Worte bedarf; gleichwohl aber müssen
wir dabei einen Augenblick verweilen, vr. Albert Zlg sah nämlich darin, ich weiß nicht in Folge welchen
Mißverständnisses, den Beweis, daß zur Zeit des sog. bferaclius, also im s0. Jahrhundert, die Kunst Goldgläser * 2 * * 5 6 * * 9

Garrucci, Vetri ornati di figure in oro etc. 2 ed. 1864.

2) Auch die in Rede stehende soll der ftöchstselige König Ludwig I. aus Rom mitgebracht haben,

b) Tertullian, de pudic. c. 7, 10, meint vielleicht unsere Gläser, gibt aber keine Bezeichnung dafür an.

*) So unter A. in den Blättern für Kunstgewerbe von val. Teirich, Bd. I. p. 29

5) Deipn. Y. 199 ff.

6) Wartburg 1876/77 Nr. 9 und io: „lieber die Goldgläser".

,) Die Glasindustrie, ihre Geschichte, gegenwärtige Entwicklung und Statistik von L. Lobmayr, Stuttgart bei Spemann 1874.

s) fterausgegeben mit (Originaltext und llebersetzung, .mit Einleitung, Noten und Excursen versehen von Alb. Ilg, Wien,
1872 IV. Bd. der (gnellenschristen zur Kunstgeschichte.

9) lib. 1, c. 5 : De fialis auro decoratis.
 
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