Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1882

DOI Artikel:
Friedrich, Carl: Geschichte der Elfenbeinschnitzerei, [4]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7026#0079

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nachdruck verboten.

h *4-

Geschichte der Elfenbeinschnitzerei.

Von Carl Friedrich.

Fig. i.

Kt griechischen Aiterthuiue machte »ran
aber auch sonst einen ausgiebigen Ge-
brauch von dem schönen Stoffe des
Elfenbeines nicht nur im Dienste der
großen Kunst, sondern auch in dem
der Gewerbe. Die chryselephantinen
Werke, die, wie wir letzthin gesehen
haben, seit der Zeit des phidias in
Swßer Zahl ausgeführt wurden, ergaben selbstverständlich
einen bedeutenden Abfall ail Stoff, der für kleinere Gegen-
stände, für Geräthe, Kämme u. dgl. verwendet werden
konnte. Die Ersiudung des Elfenbeinschwarz, das
bereits Phidias kannte, ist sicher auf diesen Stoffabfall zu-
rückzllführen, und wahrscheinlich wurde dadurch auch De-
wokritus ff c. 400 v. Ehr.) zur Erfindung eines Er-
weichungsprozesies des Elfenbeins angeregt.') Freilich blieb
dieses Verfahren, das in einem Aufguß auf Gerste be-
stand, wie alle späteren bis auf den heutigen Tag ohne
praktische Folgen, obgleich die Archäologen in seltener
Uebereinstimmung fort und fort das Gegentheil behaupten.
Nicht durch Erweichen und Biegen konnten die Griechen
und nach ihnen die Römer Platten von s2—20 G>oll Breite
Herstellen, sondern dadurch, daß ihnen hinlänglich große
Aähnc zur Verfügung standen.

wenn demnach die Erfindung des Demokrites auch
ohne praktischen Werth blieb, so bezeugt sie doch soviel, daß
man sich eingehend mit der Bearbeitung des Elfenbeins
beschäftigte, daß man die Elfenbeinschnitzerei nach allen Seiten
hin auf das eifrigste betrieb. Es wurden zahlreiche Re-
liefs, Figürchen aller Art, kleine Geräthe, Marken (Billets)
)ür den Besuch der Theater und Spielplätze aus Elfenbein
hergestellt; ja Aristophaues') erwähnt irgendwo sogar eine
Mausfalle aus Elfenbein. Auch die chryselephantine Technik
fand auf diese kleineren Erzeugnisse ihre Anwendung. -0
waren z. B. die Leiern öfters aus Gold und Elfenbein
und auch Kränze gab cs aus Elfenbein, Gold und Kor-
allen. 2) Namentlich aber wurden die Thüren auf diese
Weise mit Schmuck versehen; so spricht Properz3) von den
elfenbeinernen Thorfiügeln a>n Tempel des palatinischen

1) Leneca, Lp. 90.

2) pinbar, N. II. 78.

3) Lib. II. El. XXXI, 12.

Zeitschrift des «unstgewerbe-vereins München.

Apollo in Rom, die nach w. v. Schlegel's Meinung ohne
Zweifel eine altgriechische Kunstarbeit waren, hochberühmt
waren ferner die Thüren am Pallastempel zu Syrakus,
deren goldeingefaßte Felder ebenfalls mit elfenbeinernen Re-
liefs ausgefüllt waren.4 5) Auch Virgil beschreibt ähnliche
Thüren. s) Elfenbeinerner Schmuck, aufgeheftet auf Metall-
gegenstände, scheint überhaupt sehr beliebt gewesen zu sein;
denn wir hören auch, daß Köpfe aus Elfenbein auf Schil-
dern angebracht waren.6) Daneben fehlte es aber auch
nicht an selbstständigen Werken aus Elfenbein. Eieero in
seiner Rede gegen verres7) erwähnt elfenbeinerner Bild-
nisse, jedenfalls Arbeiten aus der Hand griechischer Künstler:
kurz wir dürfen uns die Elfenbeinschnitzerei bei den Griechen
die ganze historische Zeit hindurch als einen höchst ausge-
dehnten Kunstzweig im Großen sowohl wie im Kleinen
vorstellen. Erhalten ist uns indeß aus dieser langen
Kulturperiode nicht ein Werk, von dem man mit abso-
luter Sicherheit behaupten könnte, es sei griechischer Her-
kunft. Nur vermuthungsweise werden einige, namentlich
in etruskischen Gräbern gefundene Elfenbeinskulptureu
wegen ihrer Schönheit und der geistvollen Ausführung auf
griechische Künstler zurückgeführt.8) Allein die Kunst der
Etrusker, namentlich ihr Kunstgewerbe stand in der besten
Zeit auf solcher höhe, daß die betreffenden Skulpturen
sammt und sonders etruskischen Ursprungs sein können.

* rst

*

Nach Italien kam, wie alle Kunst überhaupt, so auch
die Elfenbeinschnitzerei aus dem Oriente durch Vermittlung
der Phönizier, die ja in; Alterthume lange Zeit hindurch
eine ähnliche Handelsbedeutung besaßen wie heutzutage die
Engländer. Ihre Schiffe, mit dem Ueberflusse der Euph-
ratländer und des Nilthales befrachtet, segelten westwärts zu
allen Küsteuvölkern, ihnen mit den fremden Produkten
zugleich den Keim der Zivilisation bringend. An den
italienischen Gestaden waren es besonders die Etrusker, die
seit ältester Zeit mit den Phöniziern in Handelsbeziehungen
standen und hiedurch den Anstoß zu ihrer verhältnißmäßig

4) Eieero, Verr. IV. 56.

5) Georg III. 26.

6) Diogenes, VIII, 1. 5.

7) IV, 1.

8) Naskell, Ivories, p. 19.

\

1882. tzef, 9 S- 10 (Bg. 1).
 
Annotationen