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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1885

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Huber-Liebenau, Theodor von: Ueber gewerbliches Ausstellungswesen, [2]
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auch für ein permanentes Exportmusterlager, je eigene, ge-
trennte Räume Herstellen; denn wie man all' diese mit-
einander in engster Wechselwirkung stehenden großen Fak-
toren Jedermann vor Augen führen soll, so erscheint es
nicht zweckmäßig, alle in ein einziges kolossales Gebäude
zusammenzupferchen, — sonst überwältiget die Masse des
Gebotenen den Beschauer, er wird zerstreut und vermag
sich auch weniger auf das spezielle Studium dessen zu be-
schränken, was ihn vorzugsweise interessirt. Auch die Auf-
stellung kleinerer Annexbauten und Pavillons für einzelne
größere Firmen und Etablissements empstehlt sich. Für die
Hauptbauten möchten wir aber den keineswegs'stilpedantisch,
sondern mit freier künstlerischer Originalität aus- und durch-
geführten Stil der deutschen Renaissance, welche ja auch der
schöpferischen Araft unseres deutschen Gewerbes so ungemein
veredelnd und befördernd zu Hilfe kam, als den passend-
sten erachten.

Bon großer Bedeutung erscheint die Ausschmückung
des äußeren Ausstellungsplatzes. Es ist nicht richtig, wenn
man dies für einen überflüssigen Luxus erklärt, denn die
Natur des Menschen ist nicht blos geistig, sondern auch
sinnlich angelegt, und so wenig es selbst die Airche ver-
schmäht, durch den äußeren Pomp ihres Aultus auf die
Phantasie einzuwirken und das Gemüth für das Uebersinn-
liche empfänglicher zu machen, ebensowenig und vielleicht
noch weniger soll ein solch' irdisches Unternehnien es unter-
lassen, durch eine derartige Einwirkung die Feststimmung
zu erhöhen. Was aber für eine möglichst schöne und be-
hagliche äußere Ausstattung noch ganz besonders spricht, ist,
daß gerade hiedurch das große Publikum zunächst ange-
zogen und eine Hauptsache — die finanzielle Seite des
Unternehmens — mächtig unterstützt wird.

reicher und imposanter zur Erregung einer ge-
hobenen festlichen Stimmung die Fagade, desto einfacher
und ruhiger soll das Innere der Ausstellungsräume ge-
halten sein, um die Aufmerksamkeit des Eingetretenen durch
Nichts abzulenken und zu zerstreuen.

Sehr wichtig erscheint hier in erster Linie die Gruppen-
Eintheilung der Ausstellungs-Objekte. Zunächst empfiehlt
sich hier eine Ausscheidung zwischen Nutz- und Aunstge-
werbe, wie eine solche z. B. in Düsseldorf und neuerlich
auch in Zürich versucht wurde, deshalb nicht, weil zwar
der Begriff des Aunstgewerbes allerdings feine Berechtig-
ung hat und auch eine genügende Definition zuläßt, allein
weil gleichwohl mitunter die Grenzlinien beider Begriffe
verschwimmen, wie dies ja auch in der ganzen Natur der
Fall ist, welche nirgends Sprünge macht, sondern überall
fast unmerkliche Uebergänge zeigt, ohne daß wir deshalb
auch hier auf Festsetzung unterscheidender Begriffsmerkmale
ohne weiteres verzichten; allein die Eintheilung einer gewerb-
lichen Ausstellung erfordert aus mehrfachen Gründen ganz
strikte und exklusive Grenzlinien. Neuerlich versucht man
auch Gruppen - Eintheilungen nach dem technologischen
Prinzips, wonach Rohprodukte, Halbfabrikate, Herstellungs-
und Veredlungs-Mittel mit den nach dem Entstehungs-
materiale abgetheilten fertigen Gegenständen zusammen ge-
stellt werden, so daß jede Gruppe für sich ein möglichst ab-
geschlossenes Ganzes bildet, in welchem die auf einander
angewie;enen Industrien auch räumlich in unmittelbare Be-
rührung kommen; allein eine solche Eintheilung läßt sich

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nur bei einer Spezial-Ausstellung durchführen, während
kombinirte und komplizirte Expositionen, wie eine Welt-,
oder eine dieselbe blos im Aleinen darstellende Landes-
Ausstellung sich nicht in den Rahmen irgend eines Spezial-
Prinzipes einzwängen lassen, ohne zu den größten Sonder-
barkeiten, Wiederholungen und Zerreißungen zu führen,
den Ueberblick und die vergleichende Würdigung der Leist-
ungen einzelner Firmen mit anderen nahezu aufzuheben
und die prämiirung ungemein zu erschweren. Solch' um-
fassende Ausstellungen sollen und können im Großen und
Ganzen immer nur ein Bild des Gewordenen, nicht aber
zugleich auch des Werdens wiedergeben, ohne daß Letzteres
im Einzelnen, wo es, ohne Verwirrung zu erregen, instruk-
tiv geschehen kann, absolut ausgeschlossen zu werden
braucht; man wird hiebei seine Zuflucht nur zu möglichst
dehnbaren und jeder konkreten Ausstellung besoüders ange-
paßten, lediglich repräsentativ wirkenden Aombinationen
von Prinzipien nehmen können und dadurch der Lösung
des schwierigen, der Natur der Sache nach aber wohl nie-
mals vollständig zu lösenden Problems einer nach jeder
Richtung hin befriedigenden Eintheilung wenigstens noch
am nächsten kommen.

was die Ausstellungsobjekte selbst anbelangt, so soll
man bei einer Landesausstellung nicht nach künstlichen Re-
sultaten solcher Industriezweige Haschen, an welchen das
Land naturgemäß Mangel hat, bei einer Weltausstellung
aber ini wichtigen Interesse unseres Exports Bedarf und
Geschmack des betreffenden Landes, wo dieselbe stattfindet,
zunächst berücksichtigen. Niemals aber darf die Billigkeit
der soliden Qualität einen Abbruch thun, zu deren Dar-
legung sich die Mitsendung eines Prüfungs-Apparates ein-
fachster Aonstruktion sehr empfiehlt. Schundwaare ist —
wie sich dieses wieder in Sydney gezeigt hat — unbedingt
auszuschließen, der feste Ruf guter Qualität der probemäßigen
Lieferung ist als Vorposten auszustellen, um den uns ge-
bührenden Antheil des fremden Marktes zu erobern I Als
nothwendig erscheinen auch gehörige Ausmarkung, gute und
gefällige Verpackung sowie eine reichliche Menge von Proben,
woran es Deutschland, im Gegenhalte zu anderen Ländern,
bisher bedeutend fehlen ließ. Man hat den Ausstellungen
auch schon vorgeworsen, daß viele von ihren Objekten nur
für dieselbe angefertigt werden; allein dieses ist ja gewiß
nicht zu beanstanden, denn eine Ausstellung ist nicht blos
dazu da, um zu zeigen, was bei einem Gewerbetreibenden
das Alltagsgeschäft bestellt, sondern was er überhaupt zu
leisten vermag.

Von hervorragender Wichtigkeit erscheint bei jeder Aus-
stellung auch ein geschmackvolles Arrangement der ausge-
stellten Objekte. Wo es sich uni Repräsentation eines Ge-
schäftes handelt, darf dasselbe nicht mit der Werkstattschürze
auftreten; denn wie uns ein Gericht aus schön geformter
Porzellanschale besser mundet, als aus einem ordinären,
irdenen Topfe, so nehmen sich auch gewerbliche Produkte
im Rahmen eines hübschen Arrangements ungleich günstiger
aus, als bei vernachlässigter Repräsentation. Auch dieses
Ausstellen ist eine Aunst, worin wir in Deutschland —
gegenüber den in Paris, Wien und Philaldelphia gemachten
schlimmen Erfahrungen — nach dem bahnbrechenden Vor-
bilde der so genial durchgeführten deutschen und deutsch-
österreichischen Aunst- und Aunst-Industrie-Ausstellung zu

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