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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — N.F. 4.1888/​95

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6. Heft
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Erklärung zu den Tafeln
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https://doi.org/10.11588/diglit.26639#0087
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Tafel 139 a und b (Farbcndrnck.)

Figur des „Guten Hirteu" und Mittelstück
„Lamm Gottes."

Ergänzung zu Tafel 139 in Heft 22
(IV. Band. 4. Heft.)

Mittelstück und Kreuz zu einem Meßgewand
sowie Pluvial-Kappe für Todtenoffizien nach
einer Zeichnung der Beuroner Kunstschule.

Tafel 149 und 150.

Eine größere Bordüre für Altartücher, mit
dem in Laubwerk verschlungenen Bilde des Ein-
horns, wie es von einem Engel und Hunde
verfolgt, zur Mutter Gottes flieht. Diese Dar-
stellung mag Manchem räthselhaft und lächerlich
erscheinen, ist es aber durchaus nicht Jm
Mittelalter war diese Darstellung sehr geläufig,
ja die Erklärung hiezu findet sich schon beim
hl. Ambrosius*). Hören wir, was Kreuser in
seiner „Geistlichen Symbolik" (S. 61) hierüber
sagt: Das Einhorn, mag man nun darunter
das Rem im Hiob oder das gewöhnliche Nas
horn oder das Thier des Daniel mit dem einen
Horne zwischen dcn Augen verstehen, wird ein-
müthig von den Vätern und der alten Kunst
auf unsern Herrn und Heiland, genauer dessen
Menschwerdung durch die Jungfrau bezogen.
Die anmuthige Sage lautet also: Das Einhorn
ist ein selten gesehenes, scheues Thier der Wüste
und läßt sich weder fangen noch bändigen, Einen
Fall ausgenommen. Wenn es von Jägern ver-

folgt wird, so flüchtet es zu einer reinen Jung-
frau, in deren Schooß es zutraulich das Haupt
legt und so wird es gefangen. Jn Bezug auf
die hl. Jungfrau sind Engel gewöhnlich die
Jäger, und Ambrosius scheint schvn die Sage
gekannt zu haben. Das Mittelalter hat sich oft
dieser künstlerischen Darstellung bemächtigt. Zu
Erfurt im Chore hängt ein Bild, der Jägers-
mann ist der Erzengel Gabriel, und seine Jagdhunde
sind Glaube, Hoffnung und Liebe. Auch ander-
wärts finden sich ähnliche Bilder und unsere
alten Dichter kennen dieselbe Sage. Wahr-
scheinlich traf der Tadel des hl. Bernhardus,
wenn er die märchenhaften Gebilde an den
Skulpturen seiner Zeit seinen Mönchen verbietet,
solche Einhornsjäger - Darstellungen (vsnatorsL
tidiciliantss). — Ein altdeutsches Weihnachts-
lied (bei Simrock, Deutsche Weihnachtslieder
S. 16) beginnt:

Es wollt' ein Jäger jagen,

Wollt' jagen vom Himmelsthron.
Was begegnet ihm auf der Haide?
Maria, die Jungfrau schon.

Der Jäger, den ich meine,

Der ist uns wohl bekannt,

Er jagt mit einem Engel,

Jst Gabriel benannt.

Der Engel blies sein Hörnlein u. s. w.

S. 17. Du hast gefangen

Das Einhorn aus des Himmels Saal.
Man sieht, das Bild und das Volkslied ver-
standen sich gegenseitig.

Das Einhorn wurde in der mittelalterlichen

*) Ambros. in Psalm. Xblll. Luarr. p. 895.
 
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