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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — N.F. 4.1888/​95

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6. Heft
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Zusammenstellung der kirchlichen Vorschriften über Paramente und liturgische Gefässe
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Das burgundische Messornat des Ordens des goldenen Vliesses in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.26639#0093
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Nr. 24.

Das blirgundische Meßornat rc.

an einer Seite verbnndene Blätter, welche wie
eine Mappe aufgeklappt und geschlossen werden;
schließlich auch nicht ein Deckel mit einer unter-
seits eingenähten Tasche aus weichem Stoff.
Die Bursa soll vielmehr zwei steife Deckel haben,
welche an der einen Seite direkt einander genäht
sind, an den beiden anstoßenden Seiten aber
durch eingeschlagene Falten aus weichem Stoff
mit einander verbunden sind, sodaß an der vierten
offenen Seite das zusammengefaltete Korporale
leicht hineingeschoben werden kann.

Die Bursa ist quadratisch, jede Seite hat

20—25 cnn zu messen. Die äußeren Seiten stnd
mit dem Stvffe des Meßgewandes überzogen;
das Jnnere soll mit hellfarbiger Seide oder
mit feiner weißer Leinwand ausgefüttert sein.
Der Rand der Bursa wird mit Borten oder
Schnüren eingefaßt; in der Mitte der oberen
Seite ist ein gleicharmiges Kreuz, oder eiue
Stickerei angebracht. Wenn aber die Stickerei
Figuren erhält, so muß sie so angebracht sein,
daß die offene Seite der Bursa nach oben zu
stehen kommt, wenn man die Figuren betrachtet,
weil sie auch in dieser Lage auf dem Kelch ruht.

Has litttgnulliKthe MeÄsoknkli lies HklieilS iles gollleneis ^lieoses ils Pieg.

xir glauben uns keiner Uebertreibung
schuldig zu machen, wenn wir be-
haupten, der schönste, kostbarste und
künstlerisch werthvollste Ornat der
Welt sei der oben genannte Meßvrnat, welcher
gegenwärtig in dem neu erbauten k. k. Hvf-
museum in Wien, unter vielen anderen Schätzen
des vsterreichischen Kaiserhauses aufbewahrt
wird. Er besteht aus der LasnlL (in gothischem
Schnitte), zwei Levitenkleidern, drei Pluvialien
und zwei Altar-Antipendien. Sie sind vvn
außerordentlicher Pracht und noch wie neu er-
halten, der Goldgrund überzieht das ganze
Gewand, auch die Figureu, wie später beschrieben
wird, viele, viele Tausende von Perlen sind an
den Säumen der Figuren, an den Rosetten und
architektonischen Umrahmungen, sowie auf den
Baldachinen über den einzelnen Bildern an-
einandergereiht, so daß dieser Prachtornat auf
dieser Welt nicht seines Gleichen hat. Schon
im Jahre 1858 haben die „Mittheilungen der
k. k. Commission zur Erforschung und Erhaltung
der Baudenkmale" eine eiugehende Beschreibung
dieses Ornates gebracht, welcher wir die nach-
folgenden Zeilen entnehmen:

„Der Orden des goldenen Vließes (Orckrs
Ue la toison U'or) wurde von Herzvg Philipp
dem Guten von Burgund bei Gelegenheit seiner
Bermählung mit Jsabella von Portugal zu
Brügge am 10. Jänner 1429 gestiftet. Den

Glauzpunkt der Festlichkeiten, bei denen ein nie
gesehener Prunk und Aufwand Statt hatte, bil-
dete die Publikation dieser Stiftung. Die Mo-
tive waren theils religiöse, theils politische, um
nümlich unter dem höheren Adel den edlen Sinn
wach zu erhalten und um ihn sester an den
Thron zu ketten. Jm November 1430 pro-
mulgierte der Herold die Statuten in 66 Ar-
tikeln; der Orden sollte aus 30 Rittern be-
stehen, zu deren Großmeister sich Herzog Philipp
erklärte; das erste Ordensfest wurde am
St. Andreastage 1431 in der Collegiatkirche
St. Peter zu Lille gefeiert, und in der ersten
Zeit versammelten sich die Ritter jedes Jahr
zum Capitel und Ordensfest, späterhin jedoch
seltener.

Am burgundischen Hofe herrschte in dieser
Zeit ein Luxus, besonders in allem was zu
ritterlichem Schmuck und Zier gehörte, eine
Prachtliebe und ein Aufwand, wie kaum je in
eineni anderen Lande; glänzende Feste, Turniere
und Auszüge nahmen kein Ende und dabei war
das Prunken nüt kostbaren und geschmackvollen
Kleidern ein Hauptaugenmerk. Die Jndustrie
in allen Zweigen, die auf Anfertigung von
Stoffen Bezug haben, die Leinenweberei, die
Fabrikation von kostbaren Seidenzeugen (Damast,
Atlas, Zendal), Sammt (vslours, boxaruit) und
Tuch, die Gobelinweberei (tapisssris) blühten
in den gewerbfleißigen, von wohlhabenden
 
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