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den formelhaften Gebrauch des anatomischen Wissens. Hier ist, wie W. Fleisch-
hauer über andere Figuren von Schwartz treffend geurteilt hat, „gut und säuberlich
durchmodelliert. Barocke, naturalistische Züge zeigen sich in der sorgfältigen Her-
ausarbeitung der Adern . .., aber es fehlt den konventionellen Formen die freie
künstlerische Vorstellung..."5S8.

Auf unser Gesamtthema bezogen kann hier die Frage interessieren: was ver-
anlaßte die Gmünder, bei einem Stuttgarter Bildhauer, der ansonsten Orte zwi-
schen der herzoglichen Residenz und dem Schwarzwald belieferte, Schnitzwerk
für ihre Pfarrkirche fertigen zu lassen? Doch wohl nur der Mangel an einheimi-
schen Schnitz-Talenten. Daß lokale Meister nach Möglichkeit bei Gmünder Auf-
trägen vorgezogen wurden, versteht sich von selbst und beweist auch die Her-
kunft der Fassung. Demnach läßt die Beiziehung von Schwartz, wobei wir eine
Mitarbeit am Herz-Jesu-Altar nicht ausschließen, einige Folgerungen für die
Gmünder Kunstgeschichte des 17. Jahrhunderts mit Vorbehalt ableiten: Um 1660,
das ist die Zeit vor dem künstlerischen Auftreten des Johann Michael Maucher,
dem Meister der Orgelempore und des -Prospektes von 1688, scheint Gmünd keine
namhaften und produktiven Schnitzer besessen zu haben. Man war auf diesem
Gebiet, vor allem aber im Bereich der Steinbildhauerei, auf Künstler aus dem
Herzogtum Württemberg angewiesen, wie das 1686 von dem Stuttgarter Hofbild-
hauer Benjamin Grünewald nach Alfdorf (bei Schwäbisch Gmünd) gelieferte Mar-
morkruzifix bestätigen kann 589. Dies ist die Zeitspanne zwischen dem Ende des
Dreißigjährigen Krieges und dem neuerlichen Einfluß der Künstler aus Bayrisch-
Schwaben und Bayern. Dieser Einfluß war durch den langen Krieg, der diese Land-
schaften härter getroffen hatte als das östliche Württemberg 500, unterbrochen
worden. Mit der Lieferung von zwei (nicht erhaltenen) Seitenaltären in die Bar-
gauer Kirche591, die Georg Eigenmann aus Neuburg an der Donau gefertigt hat-
te592, wird diese Verbindung wieder sichtbar aufgenommen. Sie wird bis zum
Ende des 18. Jahrhunderts nicht mehr abreißen. Die Leistungen der Künstler aus
Bayrisch-Schwaben und Bayern einerseits und die Querelen der freien Reichsstadt
Gmünd mit dem Herzogtum Württemberg andrerseits schlössen Stuttgarter Künst-
ler von Gmünder Aufträgen aus. Das wird bis in die zweite Hälfte des 18. Jahr-
hunderts durchgehalten, bis der herzogliche Maler Guibal zwei Altarblätter in die
Gmünder Dominikanerkirche liefert593.

Der Hochaltar von 1670

Acht Jahre nach dem Herz-Jesu-Altar wird ein neuer Hochaltar aufgerichtet. Do-
minikus Dehler vermag auch hier nicht die beteiligten Künstler und Handwerker,
wohl aber einiges über die Stiftung und die Gestalt des Altares mitzuteilen.

über die Stiftung schreibt er: „Ao 1670 wurde der herrliche, schöne grosse Altar
hier aufgerichtet. .. Also hat ein löbl. ehrsamer Rat aus so eifrigen Betrachtun-
gen und zur Gemütsführung den 17. Febr. 1670 beschlossen, in die Stadtpfarrkirche
zum Heil. Kreutz und unserer lieben Frauen allhier, der allerheilligsten Dreifaltig-
keit dem triumphierenden Kreutz und der heiligen Jungfrau und Mutter Gottes
Mariä, und alle lieben Heiligen zu mehren Glorie, Ehre und Preiss wegen so gött-
licher vätherlicher und mütterlicher gnädigste Protektion, Schutzes und Erhaltung
einen schönen Choraltar machen lassen und solchen im Monat November anno

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