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Exkurs über
das Oberlicht
der Barocktüren

Lichtöffnungen für den Öhrn zu schaffen - wie die Gmünder den
Verteilerraum hinter der Haustüre nennen -, war sicherlich immer
gewünscht. Man gab sich früher aber mit Lichtresten zufrieden, mit
einem Dämmerlicht. In jedem Winkel eine schattenlose, schonungslose
Helle haben zu wollen, war nicht vom Menschen des Barock zu erwar-
ten, dessen Flächenkunst als die Malerei des Hell-Dunkel charakterisiert
wird. Die Augen jener Zeit waren allein von der Lebensweise und den
Wohnerfahrungen her für weit mehr Helligkeitsstufen sensibilisiert als
heute (wo Räume so ausgeleuchtet werden, daß eine milde Gestimmt-
heit, eine Empfindung der Geborgenheit nicht aufkommen). Man
erlebte und wünschte eine Steigerung der Helligkeit vom Erdgeschoß
zur Bel-Etage, aber selbstverständlich wollte man auch im Öhrn nicht
anstoßen. Dazu verhalf das Oberlicht, eine Wandaussparung über der
Türe. Dies ist eine schwache Kennzeichnung eines architektonischen
Tatbestandes, dessen Zweck immer neue gestalterische Lösungen her-
ausgefordert hat. Diese zu skizzieren und in Zusammenhänge zu stellen
sei im folgenden versucht.

Zeitlich voraus geht eine Renaissance-Lösung Imhofstraße 11. Etwa
einen halben Meter über dem Rundbogeneingang (verschlossen durch
eine asymmetrische Türanlage des beginnenden 19. Jahrhunderts, siehe
auch Schloßkasten mit Rautenmotiv) öffnet ein querovales, vergittertes
Oberlicht die Wand. Dann folgen Lösungen, die im Mittelalter schon
gebräuchlich waren. Das gedrückte Rundbogenfeld von Imhofstraße
Nr. 17 trennt ein Steinsturz, das von Nr. 13 ein Holzsturz ab, um das
Licht über der Tür eintreten zu lassen. Derartiges wird in das Große bei
Milchgäßle 18 (1753) übersetzt. Ein offener Steinbogen, mit Bandel-
werkgitter ausgeziert, überwölbt einen geraden Sturz. Eine Lösung, die
massiv, konstruktiv, aber nicht elegant wirkt. Geschmeidiger in der
Linienführung wirkt das Oberlicht bei Vordere Schmiedgasse 41 (1756).
Bewegung erfaßt die Anlage. Das Türgewände ist verkröpft (zur Bildung
sog. Ohren) und ein flacher Bogen deckt das Oberlicht. Dieses wirkt
aber aufgesetzt, so als wäre es nach Fertigstellung des Türgewändes
hinzuerfunden worden. Ein neuer glücklicher Einfall (woher er auch sei)
gewinnt bei Bocksgasse 18 Gestalt. Das seitlich ausgerundete Oberlicht
schmiegt sich zwischen die flachen Buchten von Türsturz und Gesims.
Eine schlüssige Lösung, wohl um 1760. Ihr ästhetischer Wert ist sofort
gemindert, wo diese Oberlichtfigur der Rahmung des Gebälks entbeh-
ren muß, so Kornhausstraße 29. In dieser Entblößung wird ihre Her-
kunft aus der Renaissance transparent. In den unmittelbar folgenden
Jahren wird zur Stützung der Oberlichtbedachung die Volutenkonsole
herangezogen. Auch sie ein Renaissancemotiv, dessen Form dem Barock
willkommen war. Ihr Anlauf ist verkröpft, Wandstreifen und Blüten-
kelche sind herauspräpariert, so Vordere Schmiedgasse 37 (1761),
 
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