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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 1.1902-1903

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Corinth, Lovis: Carl Strathmann
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https://doi.org/10.11588/diglit.3547#0264

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CARL STRATUM ANN, ZIERLEISTE

CARL STRATHMANN

VON

LOVIS CORINTH

Ein Original in unserer Zeit ist er. Sein
Talent eine vom Himmel gefallene Gabe, die
es ihm nicht der Mühe wert gewesen sein
würde vom Wege aufzuheben, wäre sie ihm
nicht direkt in den Schoss gefallen.

Das Trägheitsgesetz ist in diesem Künstler
in grossem Masse ausgebildet und so ist es
auch nur zu erklären, dass Strathmann in
seinem Beharrungsvermögen sich in die orna-
mentalen Muster seiner Bilder bis in die klein-
sten Details hinein versenkt und in diese
Details immer noch neue Motive hinein zu
komponieren sucht.

Ebenso spielt die Gewohnheit in seinem
Privatleben eine Rolle: Seit Jahren macht er
jeden Abend nach des Tages Last und Mühe
denselben Weg aus seinem Atelier in die Stamm-
kneipe, die in einem engen Gässchen an dem
ehemaligen Augustinerkloster in München
liegt. Hier sitzt er bis in die späte Nacht hinein
in einer Gesellschaft von Ofenhändlern, reich-
gewordenen Maurermeistern bis hinauf zu den
jetzt verstorbenen genialischen Sonderlingen,
den Malern Stäbli und Schwabenmaier.

In das süddeutsche weiche Wortgetün fährt
dann plötzlich die scharfe etwas schleppende
Stimme Strathmanns dazwischen und mit
immer demselben Lacherfolg trägt er immer
dieselben Kouplets und Gedichte vor. Doch
wollen wir ihn lieber bei seinem künstlerischen
Arbeiten aufsuchen.

Mit den Modellen, die doch den anderen
Malern ein unentbehrliches Mittel zur Voll-
endung ihrer Bilder sind, lebt er in fort-
währendem Kampfe, den er aber bald wieder
aufgiebt. Nach einem Versuch dieselben sich
dienstbar zu machen und das Vergebliche
seines Bemühens einsehend, setzt er sie Knall
und Fall an die Luft.

So war es als er sein grösstes Bild und eins
seiner besten, die Salambo, schuf. Das Weib
sollte in vollständiger Nacktheit auf dem
Ruhebette träumen, zu Häupten die Harfe.
Ein Modell wurde genommen und jedem, der
es hören wollte, teilte Strathmann mit, dass
er jetzt Dürer und Holbein an Richtigkeit
der Formen überbieten werde. Bald aber
wurde das Modell heimgeschickt und all-

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