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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 1.1902-1903

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Heilbut, Emil: Die Ausstellung der Berliner Secession
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https://doi.org/10.11588/diglit.3547#0307

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werden müssen. Eins unter diesen ist das Bild
von Canals, Cigarretten drehende junge Mäd-
chen in buntester Malerei; das Bild verletzt
den genius loci.

Im ganzen erscheint die Ausstellung wie die
eines in sich geschlossenen Klubs. Ist sie ja
auch aus einem solchen hervorgegangen: dem
Bund der Elfer, der während seines Vor-
handenseins so viel zur Zusammenfassung der
künstlerischen Kräfte in Berlin gethan hat.
An den Bund der Elfer wird man auch dadurch
erinnert, dass sich der Vorstand der berliner
Secession aus früheren Mitgliedern dieses
Bundes und einigen Nachfolgern zusammen-
setzt und seine Arbeiten an Bedeutung hervor-
treten. Man sieht das selbst diesmal, obgleich
sich zwei Vorstandsmitglieder: August Gaul,
unser begabtester Bildhauer, leider fast gar
nicht und Louis Tuaillon überhaupt nicht be-
teiligt haben. Auch das gemahnt an den Klub
der Elfer, dass dem realistischen Stil gegen-
über, der in der Ausstellung herrschend ist,
von Reinhold Lepsius abgesehen, der eine
Sonderrichtung im Porträt vertritt, nur eine
Abweichung in den Sälen der Secession ge-
funden wird: L. v. Hofmann, und dieser auch
bei den Elfern schon die eine Ausnahme war.
Von Anfang an haben die Künstler, die sich
hier zusammenscharten, einen Beweis von
Kunst- und Taktgefühl gegeben, indem sie
den hochbegabten geborenen Idealisten Lud-
wig v. Hofmann in ihre Mitte aufnahmen.

Liebermann, der Präsident der Secession, ist
mit einer Reihe von Werken vertreten, die
unsere Leser schon kennen. Dem Selbstpor-
trät und der Papageienallee gesellte sich das
aus Wien zurückgekehrte graufeine Bild der
„Bleiche" gleichsam als historisches Stück, den
Liebermann der älteren Zeit repräsentierend.
Trübner hat ein Reiterporträt gesendet, bei
dem er bestrebt war, einen Menschen, gut im
Sattel sitzend, in der Verteilung von Licht und
Schatten prima gemalt, zu Pferde gegen einen
Hintergrund zu zeigen. Man wird in die Werk-
statt von Trübner eingeführt, wird Teilnehmer
seines täglichen Strebens und Sichquälens. Mit
dieser Bemerkung soll angedeutet sein, dass
wir hier nicht so sehr das Ergebnis einer

eigentlichen Schöpferstunde zu sehen bekom-
men als ein Ergebnis langjähriger Trainirung
für dieses Thema, die sich in einige Stunden
voll entscheidender Pinselstriche concentrierte.
In diesem Bilde ist nicht jene Schönheit ent-
halten, welche einige Werke dieses Künst-
lers aus dem Anfang der siebziger Jahre auf-
weisen, die jenes Unerklärliche hatten, das
selbst von denen nicht wiedergefunden wird,
die es einmal besessen haben; hingegen hat die
Arbeit Alles, was Trübner mit Bewusstsein
geben konnte. Sie bildet den Gipfel einer
Reihe von Arbeiten, in denen der Künstler
mit dem ihm eigenen energischen Phlegma
wieder und wieder an die Darstellung seines
Gedankens: ein Reiter auf einem Pferde, heran-
getreten ist. Energisches Phlegma, kann man
das sagen? Dennoch giebt es vielleicht kein
Wort, durch das man das Wesen Trübners besser
charakterisieren würde.

Dieses Wesen mit seinen Licht- und Schatten-
seiten offenbart Trübner auch in seinem Bild-
nis eines Postillons, während ein drittes Werk,
das Porträt einer jungen Dame, das ungefähr
derselben Stufe und Gattung von Arbeiten
angehört, doch von dem Walten des Unbe-
wussten mehr durchdrungen ist. In diesem
Porträt ist eine dem Künstler entgangene
Umwandlung der Züge eingetreten; wir kennen
nicht die Dargestellte, die Ueberzeugung macht
sich nichtsdestoweniger geltend, dass in dem
ruhig beharrlichen Gesicht etwas von einem
Porträt Trübners selbst niedergelegt ist, natür-
lich nicht mit einer technischen Prozedur,
denn derartige Dinge können nicht gewollt
und dennoch gemalt werden. Man weiss
nicht einmal, von welchen Teilen besonders
die Aehnlichkeit herrührt. Durch diese Nuance
einer grösseren Belebung unterscheidet sich
jedenfalls dieses Porträt einer Dame, die weiss-
gekleidet auf einem Laubhintergrunde steht,
von den Bildnissen des düstern Mannes auf
dem Pferde und des Postillons.

Noch schöner ist in der Ausstellung Trübners
Landschaft aus dem Odenwald, wo Holz im
Grün geschichtet ist. Diese Holzscheite in
einem gedämpften Goldbraun heben sich
gegen lichtes Grün in einer wunderschönen

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