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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 1.1902-1903

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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.3547#0336

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PARIS

Zweite Versteigerung Hayashi in Paris.
Vom i6. bis zum 21. Februar 1903 wurde der
Rest der Hayashischen Sammlung versteigert und
trug 418 000 Franken ein (die vor Jahresfrist ver-
kaufte erste Hälfte über eine halbe Million). Unter
Zurechnung der im Frühjahr 1902 versteigerten
Farbenholzschnitte und Bücher ergiebt das im
ganzen nahezu ixL Million. Wie das erste Mal
waren alle Seiten der japanischen Kunst vertreten;
dazu kamen einzelne alt-chinesische Gegenstände.
Um mit letzteren anzufangen, seien einige
Porzellane erwähnt, eine grosse rot-blau gespren-
kelte, innen himmelblau gefärbte Vase des 1 o.Jahr-
hunderts von besonders schöner Form (3900 Frs.)
und eine dazu gehörende flache Schale auf drei
Füssen (2000 Frs.); weiterhin ein grünes zylindri-
sches Gefass des 12. Jahrhunderts mit umlaufen-
dem altertümlichen Relief, dessen Löwendar-
stellungen an Assyrien gemahnten (2050 Frs.).
Von Bronzen eine mächtige, giftgrün patinierte
Opferschale des 2. Jahrtausends vor Chr. mit stili-
sierten Löwen als Henkeln und einem reichen
Ornamentfries (7100 Frs.); ferner eine kleinere,
wunderbar malachitgrün patinierte Schale des
I.Jahrtausends vor Chr. (3560 Frs.); ein auf der
Rückseite mit einem Relief von Löwen und Wein-
trauben gezierter Handspiegel (920 Frs.); ein ganz
kleiner, sehr früher runder Spiegel wurde für
1300 Frs. von Hayashi zurückgekauft. — Bemer-
kenswert waren zwei ganz früh koreanische Skulp-
turen aus dem 7. Jahrhundert als Beispiele jener
Kunst, aus der die japanische erwachsen ist. Die
eine war die in nachdenklicher Haltung sitzende
ca. T/2 Meter hohe Gestalt einer Gottheit, aus einer
stuckartigen Masse mit vollständig erhaltener Ver-
goldung (5400 Frs.); das andere der etwa halb-
lebensgrosse schön bemalte Jünglingskopf aus der-
selben Zeit (2450 Frs., Louvre).

Unter den japanischen Holzschnitzereien war
die sitzende Gestalt eines Priesters aus dem
12. Jahrhundert, wohl das älteste geschnitzte Bild-
nis, hervorzuheben (3800 Frs., Louvre); drei sehr
ausdrucksvolle bemalte Holzmasken des S.Jahr-
hunderts brachten 1210, 1080 und 880 Frs. ein
und wanderten in den Louvre, dessen ostasiatische
Abteilung mit Verständnis und Nachdruck aus-
gebaut wird. Sechs Paar flache Holzschnitzereien,
Einlagen von Tempeltüren, wurden zwischen
1000 und 1550 Frs. bezahlt. Von Bronzen wurde
eine ganz kleine, schön vergoldete Statuette einer
nachdenklich dasitzenden Gottheit, aus dem 8.Jahr-
hundert, vom Louvre mit 4000 Frs. bezahlt;
sie war freilich in ihrer Schlichtheit besonders an-
ziehend und eindrucksvoll. Eine gravierte Platte
derselben Zeit wurde von Hayashi für 1100 Frs.
zurückgekauft. — Von den Lackarbeiten trug ein

viereckiger Schreibkasten des 1 ^.Jahrhunderts den
höchsten Preis ein, 3650 Frs., bis einer des 17. Jahr-
hunderts mit 465o Frs. bezahlt wurde. Bei dieser
Art von Arbeiten zeigte sich eine entschiedene
Steigerung der Preise. Diejenigen der primitiven
Zeit waren nicht so schön wie auf der ersten Ver-
steigerung.

Sehr schön waren zwei grosse Seidenstickereien
des 12. Jahrhunderts mit Göttergestalten; sie
wurden für zusammen 7100 Frs. für das Museum
in Lyon erworben. Eine chinesische buddhistische
Malerei brachte es auf 2000 Frs.; die japanischen
wurden z. T. mit ähnlichen Preisen bezahlt. Ein
nicht sehr ansprechendes Bildnis eines schreiten-
den Priesters fand keinen Käufer, da es unter
100 000 Frs. nicht weggegeben werden sollte.
Ein herrliches Stück erwarb Prof. Fuchs aus Frei-
burg i. B. um 8000 Frs., das Bildnis eines sitzen-
den Priesters von vorn gesehen, aus dem 11. Jahr-
hundert, vollendet in der Zeichnung und Färbung,
und vorzüglich erhalten.

Der Unterzeichnete benutzte die Gelegenheit,
um einige der angeführten Stücke Deutschland
zu erhalten. Ein Kreis von Stiftern hat sich ge-
bildet, der bereit ist, einen solchen Grundstock
für eine künftige asiatische Kunstsammlung schenk-
weise zu überlassen, sobald es zur Begründung
eines deutschen Zentral-Museums für diese bisher
durchaus nicht nach Gebühr gewürdigte Kunst
kommen sollte. W. v. Seidlitz.

ZEITSCHRIFTENSCHAU

In der Kunstchronik erlässt Ferdinand Laban
einen warmherzigen und beherzigenswerten Auf-
ruf: für Hubert und Jan van Eyck! Was würden
die Archäologen wohl darum geben, wenn sie
eine photographische Originalaufnahme des Zeus
von Olympia besässen! Niemals werden wir zu
einer anschaulichen Vorstellung dieses gänzlich
untergegangenen höchsten Kunstwerkes der An-
tike gelangen: es ist unwiederbringlich dahin, die
theoretischen Rekonstruktionsarbeiten der Archäo-
logen bereichern bestenfalls nur unser abstraktes
Wissen. Ja, würden die Archäologen nicht über-
haupt mit Freuden den ganzen Statuenwald rö-
mischer Repliken griechischer Originale hingeben,
wenn sie dagegen gute photographische Auf-
nahmen der untergegangenen griechischen Ori-
ginale in Eintausch bekämen?

Der Aufschwung der neueren Kunstwissenschaft
hängt mit der Vervollkommnung zweier Er-
findungen zusammen: der Eisenbahn und der
Photographie ... Ist es da nicht zum Lachen —zum
Hohnlachen! - und muss es nicht die stärkste Ent-
rüstung hervorrufen, wenn wir sehen, dass in
diesen unseren so begünstigten Zeiten ausgesucht

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