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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 1.1902-1903

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Mackowski, Hans: Hans Baluschek
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https://doi.org/10.11588/diglit.3547#0346

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HANS BALUSCHEK, MUSIKUS

als sich selbst zu genügen, wo doch der Erfolg
sich auf ein paar zahlungsfähige, am "ästhe-
tischen Widerspruch sich erfreuende Liebhaber
beschränkt.

Er malt nichts, was nicht einen Wider-
hall in seiner Seele erweckt hätte. Und die
Melodie seiner Seele ist abgestimmt auf die
Musik der kleinen Leute, auch auf die Dis-
harmonien und die hässlichen Neben-
geräusche. Er selbst nennt das: melancholisch
dudeln mit Ironie. Und eine mitschwingende
Seele wird man hinter seinen Stoffen immer
finden. Ein einsam im Sande stehender
Laternenpfahl, auf den die Sonne niederknallt,
gab ihm die Anregung zu dem Bilde jenes
Musikanten, der auf staubigem Feldweg im
kümmerlichen Schatten einer Rotkiefer tief-
sinnig gedankenlos am Stengel einer Mohn-
blume kaut und nichts weiter von der Welt
will als den Schweiss der Mittagsstunde
trocknen. Dies Bild, auf dem ihm in seltener
Weise Farbe und Raum, Figur und Land-
schaft in eins geraten sind, ist vielleicht der

echteste Ausdruck dessen, was er empfindet
und was er kann.

Wer möchte bei der Jugend des Künstlers
ein abschliessendes Urteil fällen, wer mit
philisterhaftem Wohlwissen seinem Talente die
Zukunftsperspektive öffnen! Noch hat er
wenig von der Welt gesehen, und die erstbeste
mannshohe Tannenschonung auf sandigem
Boden unter einförmigem Himmel ergreift
ihn immer wieder mit heimatlicher Gewalt,
er mag kommen, woher er will. Dass er
nicht die künstlerische Pose erstrebt, nicht
das Bemerkt-werden-wollen um jeden Preis,
auch um den der Ehrlichkeit vor sich selbst,
dass er niemals sich künstlich zu seinen Stoffen
erst überreden muss — das stellt ihn abseits zu
den Wenigen, auf deren Schaffen wir Acht
geben. Was er uns heute ist, das wird er,
wenn sein Werk sich nicht spurlos zerstreut,
wie für alle Mal bleiben: der Schilderer des
Berlins, das über Nacht Grossstadt wurde, wie
ein glücklicher Spekulant, dem aber Bildung
und Kultur abgehen, um die neue Rolle mit

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