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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 1.1902-1903

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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.3547#0450

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CHRONIK

BERLIN

er in manchen Theilnehmern
an den berliner grossen Aus-
Stellungen erwachte Arger
über das Verhalten der Aus-
stellungsjuryund insbesondere
Kampfs hat sich in einer Bro-
schüre Luft gemacht. Da zwei-
tausendzweihundert Werke
zurückgewiesen wurden, so ist etwas anderes kaum
zu erwarten gewesen. Unter der Aegide einiger
Kunstgenossen hat Hans Holtzbecher diese Schrift,
die den Titel führt „Die grosse berliner Kunst-
ausstellung, eine Flucht der Künstler in die Öffent-
lichkeit," verfasst. Manche Sätze der Arbeit lassen
uns das ewige, sich nie verändernde Leid der
Künstler, die sich Ausstellungsjurys gegenüber
befinden, wiedererkennen. So sagt Holtzbecher
„Ja selbst die Juroren vom Vorjahre werden durch
die Juroren des folgenden Jahres refüsiert und so
wird auch im Jahre 1904 mancher von denen zum
Amboss werden, der in diesem Jahre Hammer
war1' — und Zola sagte auch schon im Jahre 1 "66:
„Könnt ihr euch den Krieg zwischen Künstlern
vorstellen, von denen die einen die andern ver-
bieten? die im Besitze der Macht am heutigen
Tage sind, setzen die Mächtigen von gestern hin-
aus; es ist wie in Rom in den Zeiten von Marius
und Sulla."

Holtzbechers Schrift ist weniger der Notschrei
eines in seinen Idealen geknebelten Künstlers als
ein Brotschrei. Er klagt den Geheimrat Müller
der Härte und Gleichgültigkeit gegenüber den
Lebensbedingungen der Künstler an, weil er ge-
sagt habe, wenn die Jury noch strenger als selbst
in diesem Jahr würde, so könne es auch noch nicht
schaden. Und der berliner Presse wirft er die
Thatsache vor, dass sie konstatiert habe, dass der
Besuch der Ausstellung nicht durch die Mehrzahl
den deutschen Bilder sondern durch die vorzüg-
lichen Werke, mit denen das Ausland vertreten
sei, hauptsächlich lohne. Der Weltmarkt, klagt er,
ginge durch diese Behandlungsweise der Presse
den deutschen Künstlern verloren. Ob er ihnen,
auch wenn die Presse aus Schwarz Weiss machte,
erhalten geblieben wäre, steht freilich dahin; von
den Weltmarktbeziehungen sind unter den deut-
schen Kunststädten wesentlich nur Düsseldorf und
München begünstigt gewesen, auch diese nur so-
fern man an einer etwas süsslichen Auffassung
der Landschaft und des Genrebildes Freude em-
pfand; mit der auf der ganzen Welt eingetretenen
Veränderung des Geschmackes in dieser Hinsicht
hat die berliner Presse immerhin nur einen
losen Zusammenhang. Der Verfasser kommt
aber endlich auf den Hauptpunkt der Sache:
eine Ausstellungsjury habe keine gesetzliche

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