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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 1.1902-1903

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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.3547#0452

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JOZEF ISRAELS, DER SANDSCHIEFER

AUSSTELLUNG KREFELD

ländische Griffelkunst auf vielen Wegen das Vor-
zügliche linder.

Die Malerei war weniger vollständig vertreten.
Man wird im gastfreien Krefelder Museum wohl
ein zweites Mal versuchen müssen, durch eine
Sammlung holländischer Bilder eine Idee von
unserer Malerei zu geben. Jetzt bekam man nur
hie und da einen Eindruck von ihrer Bedeutung,
der durch viel Zufälliges, Willkürliches gestört
wurde. Die Schwierigkeit beim Einrichten solcher
Ausstellungen ist nicht nur, dass man dasjenige,
was man haben möchte, zu selten bekommt, son-
dern auch, dass man oft nehmen muss, was man
doch eigentlich nicht haben möchte.

Schade auch, dass der manchmal grandiose Breit-
ner ärmlich vertreten war, dass man von dem klas-
sischen Bosboom nichts Besonderes fand, dass man
den empfindungsfeinen Mauve hier gar nicht ver-
stehen lernen konnte.

Trotzdem konnte man von drei unserer Gross-
meister, wenn auch nicht eine vollständige Idee
erhalten, dennoch einige Bilder sehen.

Jozef Israels hatte hier ein in Holland öfter aus-
gestelltes Bild aus den achtziger Jahren: den Sand-
Schiffer, voller Feinheit und Kraft in dem leuch-
tenden grauen Ton und im ganzen mit jener
Stimmung von heiterer Trübseligkeit, wie sie wohl

einen Hauptzug in des Meisters eigener Poesie
bildet.

Auch sah man hier seinen Thoraschreiber, in
Berlin schon aus Cassirers Salon bekannt. Als ich
das Bild im vorigen Jahre im Atelier des Malers
in unvollendetem Zustande auf der Staffelei sah,
fühlte ich, bei aller Bewunderung für das schöne
Motiv, doch eine gewisse Angst darum, dass aus
dem Bild nicht werden würde was es versprach.
Israels gehört nämlich zu den Künstlern, welche
in einem langen Leben voll künstlerischen Ringens
erreicht haben, dass sie von einem gewissen Publi-
kum ihr Inneres verstanden wissen. Das ist an
sich etwas Schönes, denn er hat es sich nicht leicht
gemacht und hat uns wahrlich durch ein sehr voll-
ständiges Sich-aussprechen dazu gezwungen, ihn
zu verstehen. Aber die Gefahr ist, dass der Künst-
ler, der dies erreichte, nicht mehr zu kämpfen
hat, keine Geburtswehen mehr kennt und so zu
sagen schon mit einem halben Wort verstanden
wird. Das nun war meine Angst bezüglich des
Thora-schreibers. Das Sujet war so eigenartig,
die Handlung in einigen Zügen so ausgeprägt, dass
der Maler dazu verführt werden konnte, sich nicht
tiefer auszusprechen. Und ich glaube, dadurch
gerade entsteht manchmal Verflachung und gar
Rhetorik. Aber diese Gefahr hat Israels glänzend

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