Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 2.1904

DOI Artikel:
Tschudi, Hugo von: Eine Zeichnung Schadows
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3550#0010

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
EINE ZEICHNUNG SCHADOWS

VON

HUGO VON TSCHUDI

[UF der Versteigerung einer ano-
nymen süddeutschen Samm-
lung wurde im Mai dieses Jahres
für die Nationalgalerie eine
Zeichnung Gottfried Schadows
erworben — des „alten Scha-
dow" der Berliner. Aber die
Zeichnung selbst ist von einer bestrickenden Jugend-
frische. Durch das was sie darstellt und wie sie
es darstellt. Die vorstehende beinahe in der Grösse
des Originals gehaltene Abbildung überhebt mich
einer Beschreibung, die doch dem Reiz des Blattes
gegenüber ohnmächtig bleiben würde (wie es
leider auch die Reproduktion zum Teil noch thut).
Erwähnen will ich nur, dass das weisslich graue
Papier eine rauhe Oberfläche zeigt, die den wenigen
kräftigen Strichen des Tuschpinsels ein geripptes
Aussehen verleiht. Die Bezeichnung „Schadow f." ist
mit Bleistift aufgesetzt, aber zweifellos eigenhändig.
Auch ohne die Signatur wäre die Urheberschaft
Schadows nicht zweifelhaft. Wir kennen von ihm
einige andere Blätter in der gleichen Technik und
von ähnlicher Auffassung. Immerhin stehen sie in
seinem graphischen Werke vereinzelt. Schadow hat
— für einen Bildhauer auffallend — gern und viel

gezeichnet, nicht nur in seinen späteren Jahren, da
dem nicht mehr „zeitgemässen" Künstler die
mangelnden Aufträge eine unfreiwillige Müsse
Hessen. Allein die Bibliothek der Akademie der
Künste bewahrt mehr als tausend Blätter. Dabei
giebt es wohl wenige Künstler, die über eine
solche Mannigfaltigkeit der Ausdrucksmittel ver-
fügten je nach den verschiedenen Absichten. Und
erstaunlich ist, wie verschiedenerlei künstlerische
Absichten ihm den Zeichenstift in die Hand
drückten.

Da sind zunächst alle die Blätter, die mit seinem
Metier im engen Zusammenhang stehen. Erste Ge-
danken zu plastischen Schöpfungen, Einzelfiguren,
Gruppen, Pferde, mit spitzer Feder leicht und rasch
hingesetzt. Die Gelenke und Muskeln sind stark,
fast übertrieben betont, als wäre den Körpern die
Haut abgezogen. Richtige Bildhauerzeichnungen,wie
wir sie von Michelangelo und aus Rodins früherer
Zeit kennen. Dann weitergeführte Entwürfe meist
in Rötel. Fest und geistreich behandelt zeigen sie den
Künstler schon völlig im Reinen über seine Inten-
tionen. Sie geben in grossen Zügen ein klares Bild
der Komposition. Ihnen schliessen sich unmittelbar
die eigentlichen Studienblätter an. Mit dem Rötel

3
 
Annotationen