Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 2.1904

DOI Artikel:
Stahl, Fritz: August Gaul
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3550#0095

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
AUGUST GAUL, KOMISCHE ZIEGEN

AUGUST GAUL

VON

FRITZ STAHL

LLE Künstler des neunzehnten Jahr-
hunderts, die etwas Neues brachten,
haben sich gegen lauten und oft
l höhnischen Widerspruch durch-
ipS-^A setzen müssen. Ihr Eintritt in
M^TWuX das Kunstleben war immer mit
M W ft V einem gewissen Lärm ver-
bunden, den die Beharrenden unter den Kunst-
genossen, den Kritikern und den Beschauern ver-
übten, und der dann ihre Anhänger zwang, wenn
sie für sie eintreten wollten, ihn zu überschreien.
Man hatte sich fast daran gewöhnt, in der Starke
dieses Lärms den Massstab für die Bedeutung
eines Künstlers zu finden.

August Gaul ist vielleicht der erste grosse
Künstler der Epoche, dessen Schicksal ein anderes
war. Er trat still und fast unbemerkt ein und
nahm seinen Platz. Soviel ich weiss, hat niemand
gegen seine Werke und seine Art Widerspruch er-
hoben, und sie wurden ziemlich von vornherein
einstimmig mit grossen Worten, aber in ruhiger
Weise gepriesen.

Damit hängt noch ein anderes zusammen. Die
Anerkennung der anderen Künstler ging von Einem
oder doch von Wenigen aus, Künstlern oder Kennern,
die sie dann allmählich dem Publikum suggerierten.
Gauls Arbeiten gewannen sofort die Fernerstehen-
den, eben so sehr wie die feineren Kunstfreunde.
Sie bedurften nicht nur nicht der Fanfare, sondern
nicht einmal der Erklärung. Es ist denn auch in
dieser schreibseligen Zeit über den Künstler sehr
wenig geschrieben worden.

Nichts ist bezeichnender für die werbende
Kraft dieser niemals auffälligen Werke, als der Er-
folg seiner „Löwin" in Turin. Als ich zum ersten-
mal in der Ausstellung war, hörte ich zwei-,
dreimal das Wort „lionessa", dann wie eine Be-
zeichnung von etwas ganz Bekanntem den Namen
„sala della lionessa1-'. Da ich glaubte, es handele
sich um die offizielle Benamsung eines besonderen
Saales, fragte ich einen der Aufseher, und es stellte
sich heraus, dass das Publikum von selbst den
Namen dem deutschen Raum gegeben hatte, in
dem Gauls „Löwin" stand. In wenigen Tagen war

8p
 
Annotationen