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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 2.1904

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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.3550#0252

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CHRONIK

NACHRICHTEN, AUSSTELLUNGEN ETC.

Die Zeitschrift „Kunst und Künstler" kann auf die
Reichstagsverhandlungen vom ij. und 16. Februar mit
Genugthuung zurückblicken; denn der Aufsatz über
den deutschen Künstlerbund vom Grafen Kessler, den
wir in unserm vorigen Heft brachten, bildete den
Mittelpunkt der Debatte. Der Zentrumsabgeordnete
Spahn sagte sehr richtig, dass man im Reichstag nicht
dazu da sei, Kunstrichter zu spielen und dass Reichstag
und Bundesrat sich nicht in die künstlerischen Richtungen
einmischen sollten; „wenn wir aber Geld für Ausstel-
lungen bewilligen, so wollen wir das Geld mit dem
Masse der Gerechtigkeit verwendet sehen, das allen
Kunstrichtungen gegenüber anzuwenden ist, die sich zu
einer Bedeutung durchgerungen haben". Dieses Ver-
langen nach einer unparteiischen Behandlung aller Rich-
tungen durchzog in wohlthuender Weise alle Reden.
Natürlich korrespondierte von den Sätzen, welche von
unsern politischen Männern ausgesprochen wurden, nicht
ein jeder mit den Anschauungen, welche ein Sachver-
ständiger von der Kunst hat. So äusserte — um das be-
zeichnendste Missverständnis herauszuheben — der Ab-
geordnete Henning in seiner Rede das schmerzliche
Erstaunen, das ihm die Worte des Grafen Kessler bereitet

hätten: in der Kunst habe nur die Ausnahme Wert, nicht
der Fleiss und die Gesinnung, und er hält diese voll-
kommen richtige Anschauung für eine Ansicht, die
„geradezu zum Nihilismus" führe. Doch kamen unsere
Abgeordneten nicht zusammen, um ihre Theorien über
Kunst zu entwickeln, sondern sie waren von der Sorge
erfüllt, für eine gerechte Behandlung der Sache der
Künstler einzutreten, die in den staatlichen Ausstellungen
zu Wort kommen sollten; und durchweg haben sie,
unser Herr Staatssekretär eingeschlossen, sich dahin ge-
äussert, dass von denen, die auf die ältere Richtung
schwören, Fehler betreffs der Ausstellung in St. Louis
begangen worden sind. Das gereicht uns zu grosser
Freude. Der sozialdemokratische Abgeordnete Singer
sagte: „Es giebt nun einmal keine offizielle Kunst, die
den Anspruch erheben darf, als die Kunst aufgefasst zu
werden". Und: „Wir haben es hier mit einem Ausfluss
des persönlichen Regiments zu thun. Da heisst es:
Meine Kunst, meine Schauspieler. Man fühlt das Bestreben,
die Kunst zu reglementieren". Der konservative Ab-
geordnete Henning sagte: „Auch wir stehen auf dem
Standpunkt, dass bei den Vorbereitungen für die Aus-
stellung in St. Louis auf dem Gebiete der Kunst bei uns
nicht überall korrekt verfahren worden ist." Und: „Der

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