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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 2.1904

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Kessler, Harry: Herr von Werner
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https://doi.org/10.11588/diglit.3550#0291

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HERR VON WERNER

VON

HARRY GRAF KESSLER

ERR von Werner glaubt, seine
Person habe den Reichstag einen
ganzen Tag beschäftigt. Diese
Täuschung muss ihm sehr persön-
lich sein; Niemand sonst hat wohl
ihn bei diesen Debatten im Vorder-
grund gesehen, sondern Grundprinzipien deutscher
Kultur, die mit Recht zur Sprache kamen im deut-
schen Reichstag, — und einen anderen Maler als
Herrn von Werner, Manet, dem bei passender Ge-
legenheit in würdiger Weise Ehre geschah.

Aber Herr von Werner repräsentiert allerdings
ziemlich gut einen bestimmten Geist, eine eigen-
tümliche Form mittelmässiger Künstlerschaft, die
drauf aus ist, mit Hülfe hoher Regierungsorgane die
Kunst zu sich herabzunivellieren. Er hat es fertig
gebracht, hohe Stellen diesem Geiste dienstbar zu
machen. Und in diesem Geist hat er das Fiasko von
St. Louis mit verschuldet.

Denn so ist es, trotz seiner Streitschrift, die
Nichts bedeutet als einen harmlosen Scherz: er thut
in ihr, als erdrücke er seine Widersacher unter
Beweisen und Privatbriefen; aber er streitet nur
um Nebensachen: ob er der Jury in Hamburg mit
Recht oder Unrecht beiwohnte, ob er dem Staats-
sekretär einen Befehl überbrachte, ob er diesen oder
jenen Auftrag gehabt hat. Die Hauptsache bestätigt
er, dass er im ganzen die Leitung hatte. Er war

„Der hohe Reichstag . . . die Redner,

welche einen kostbaren Tag mit

Angriffen gegen meine Person vergeudet

haben." , „.

A. von Werner..

(Broschüre gegen den Reichstag.)

bei der Deputation, die den Staatssekretär veran-
lasste, die erste, zweckmässige Kommission für
St. Louis fallen zu lassen. Er war es, der ablehnte,
dem deutschen Künstlerbund in St. Louis Raum zu
schaffen. Er war unter allen Künstlern Deutsch-
lands auserwählt, um zuerst offiziös und dann offiziell,
wie es in der Bestallung heisst, „bei den Vorarbeiten
für die deutsche Kunstabteilung in St. Louis 1904
der Reichsregierung beratend zur Seite zu stehen".
Deshalb ist es irrelevant, wie im einzelnen Dieses
oder Jenes zustande kam; denn im ganzen und für
das Ganze trägt Herr von Werner als Urheber und
offiziell berufener Sachverständiger mit die Verant-
wortung.

Er hat also, wie dieses Abenteuer zeigt, durch
seine Beziehungen jene Geistesrichtung zu einer
Gefahr für die gesunde Bethätigung der deutschen
Kunst gemacht. Dieser Geist muss deshalb wie eine
drohende Krankheit untersucht werden. Und Herr
von Werner, der ihn offiziell vertritt, bietet sich
bequem zur Hand als Demonstrationsobjekt für
diese kulturpathologische Untersuchung.

Man kennt Herrn von Werners Bilder. Ihre
Sujets haben ihnen eine grosse Verbreitung gesichert,
die etwa der des Staatshandbuchs für die preussische
Monarchie entspricht. Ministerien und Unterbe-

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