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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 2.1904

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Meyerheim, Paul Friedrich: Meine Erinnerungen an Teutwart Schmitson
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https://doi.org/10.11588/diglit.3550#0343

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MEINE ERINNERUNGEN AN
TEUTWART SCHMITSON

VON

PAUL MEYERHEIM

«4

1



S warimjahre 1858. Damalsgabesin
Berlin nur zwei Kunsthandlungen, die
eine von Lepke unter den Linden,
ferner in der Jägerstrasse die Sachse-
sche Kunsthandlung, in deren Laden-
geschoss Kupferstiche und Lithographien verkauft
wurden. Im hinteren Teil des Ladens erstieg man auf
einerschmalenTreppe die bescheidenen Oberlichtsäle,
in denen manches schöne Werk ausgestellt wurde.
Hier feierte Makart in Berlin seine ersten Triumphe
durch die Ausstellung seines Bildercyklus, genannt
„die Pest zu Florenz" oder „die sieben Todsünden".
Ganz klar ist dem Künstler wohl nie geworden,
was er eigentlich hat malen wollen. Schliesslich
gab es noch den „Verein der Kunstfreunde im
preussischen Staat", der eine treffliche eigene
Galerie besass, darunter die Tafelrunde Menzels.
Dieser Verein hatte sein Ausstellungslokal unter
den Linden 22, hinten auf dem Hof, eine schmale
Treppe hoch. Diese drei Veranstaltungen entsprachen
vollständig allen Kunstbedürfnissen.

Im Herbste war dann alle zwei Jahre die ber-
liner Kunstausstellung vonsechswöchentlicherDauer,
wegen derer der Unterricht in der Akademie, „Hoch-
schule" hiess es damals noch nicht, immer ausfallen
musste. Wie mancher sehnt sich heute bei der Fülle
des Gebotenen nach jenen bescheidenen Zuständen!

Mit meinem Vater besuchte ich sehr oft die
Lepke'sche Kunsthandlung, die zugleich der Rendez-
vous-Platz für die besten Künstler Berlins war. Sehr
oft waren grosse,schöne Bilder von Troyon, Rousseau
und der Schule von Fontainebleau dort zu sehen.
Mein Vater war nicht leicht in Enthusiasmus zu
versetzen. Er schätzte an Bildern vor allem absolute
Richtigkeit der Farbe und der Zeichnung; die mit
Passion hingeschleuderten Bilder von Delacroix
sagten ihm gar nichts. Auch der grosse sinnliche
Farbenreiz und der erhabene klassische Ton von
Troyons Rindern und Landschaften konnten ihn
nicht begeistern, da er über die schlechte Zeichnung
und die übertriebenen Töne der Landschaft nicht
hinwegkam. Ein besonderer Greuel war ihm immer

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