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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 2.1904

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BÜCHERBESPRECHUNGEN

Frühholländer I — Die Altarwerke des
Cornelis Engelbrechtsz. und des Lucas van
Leyden im Leidener städtischen Museum. —
Herausgegeben von Franz Dülberg — Druck & Verlag
Haarlem — H. Kleinmann — Holland — 40 Mk (1 Lie-
ferungen, ohne Daten).

Wie uns in Rembrandt — nicht in Rubens — die
Blüte der niederländischen Malerei erscheint, so möchten
wir das Keimen dieser Kunst in den holländischen Provin-
zen beobachten. Allerdings die „primitifs flamands",
jene Meister, die im 15. und zu Beginn des 16. Jahr-
hunderts in den reichen vlämischen Städten, in Brügge,
Gent und Antwerpen thätig waren, sind ihrer Herkunft
nach keineswegs Vlamen. Soweit wir sehen, haben die
Landschaften Nordbrabant und Limburg am meisten zur
Grösse der altniederländischen Malkunst beigetragen —
und Holland. Die van Eyck, Bosch, Bouts, Bruegel und
Gerard David können ebensowohl als Ahnherrn Rem-
brandts wie als Ahnherrn des Rubens angesehen werden.
Nichtsdestoweniger bleibt unser besonderes Interesse —
umso stärker, wie es unvollkommen befriedigt wird —
den Meistern zugewendet, die in der Grafschaft Holl-
land selbst thätig waren im 1 ^.Jahrhundert und zu Anfang
des 16. Carel van Mander nennt einige Namen. Mit
geringem Erfolg suchen wir nach Überresten der alt-
holländischen Malerei in dem Heimatlande. Die
Bilderstürme haben hier fast noch ärger gehaust als in
Frankreich. Fast alles, was erhalten ist, zumeist kleinere
Stücke, ist erst in den letzten Jahrzehnten von der Stil-
kritik in Museen und Privatsammlungen fern von Hol-
land zusammengesucht worden.

Zu Anfang des 16. Jahrhunderts war namentlich
Leiden, der Geburtsort Rembrandts, eine Stätte frucht-
barer Malthätigkeit. Der Name des Lucas van Leyden
war allein von allen Namen altholländischer Meister nie
vergessen, weil sein reiches Kupferstichwerk die Vor-
stellung von seiner Kunst und -seinen Ruhm lebendig
erhielt. Etwas von diesem Licht fiel stets auf Cornelis
Engelbrechtsz. als den Lehrer des Lucas van Leyden.
Den klangvollen Namen des Leidener Malers miß-
brauchte man häufig zur Taufe vor vielen altniederlän-
dischen Bildern. Eine klare Anschauung von seiner Mal-
kunst haben noch heute, trotz den nicht erfolglosen
Bemühungen einiger Kunstforscher, sehr wenige. Die
holländischen Gelehrten hielten sich in ihrem reichen

17. Jahrhundert und überliessen die magere Frühzeit
den Deutschen. Ein eingehendes Studium der Kupfer-
stiche des Lucas van Leyden, die in grosser Zahl signiert
und zum Teil auch datiert sind, liefert die Mittel, das
Malwerk des Meisters zusammenzustellen. Das Erträg-
nis ist über Erwarten, wenn auch von dem, was in der
älteren Kataloglitteratur dem Meister zugeteilt ist, so
gut wie nichts übrigbleibt. In Holland freilich sind
nicht viele seiner Bilder zu finden, abgesehen von dem
beglaubigten Hauptwerke, dem jüngsten Gerichte im
städtischen Museum von Leiden, dessen Entstehungs-
geschichte wir kennen. Was den Cornelis Engel-
brechtsz. betrifft, so ruht all' unserWissen auf den beiden
beglaubigten Altarwerken in demselben Museum, die
alle Möglichkeiten seiner Begabung verwirklicht zeigen.
Von hier ausgehend hat die Stilkritik eine Reihe kleinerer
Werke hier und dort dem Meister zuschreiben können.

Also besitzt das Leidener Museum mit den drei
Altären von Lucas und Cornelis das wichtigste Material
zum Studium der holländischen Malerei in den ersten
Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts.

Franz Dülberg, ein jüngerer deutscher Kunstforscher,
der sich schon mit seiner Doktorarbeit diesem vernach-
lässigten Gebiet zugewendet hat, ist in Gemeinschaft
mit den holländischen Verlegern Kleinmann & Co. ans
Werk gegangen, die bedeutendsten Monumente der
altholländischen Malerei zu publizieren. Die beiden
ersten Lieferungen liegen vor. Die erste enthält die
Altäre des Cornelis Engelbrechtsz., die zweite den Al-
tar des Lucas van Leyden im städtischen Museum zu
Leiden. Die 25 sehr grossen Lichtdrucktafeln zeigen
nicht nur alle Bilder der Flügelaltäre, sondern auch einige
Ausschnitte in größerem Massstab. Stilkritischen Ver-
gleichungen ist damit ein nützliches, höchst willkom-
menes Hilfsmittel geboten. Die dritte Lieferung, die
hoffentlich bald erscheint, soll die altholländischen Ge-*
mälde aus dem erzbischöflichen Museum zu Ut-
recht enthalten, von denen es noch keinerlei Abbil-
dungen giebt. Die Leidener Altäre sind, freilich minder
gut, schon 1002 in einer hübschen Mappe von anderer
Seite veröffentlicht worden. (Stedelijk Museum te Lei-
den, Leiden bij Blankenberg & Co.)

Der Text von Dülberg ist lebhaft und farbig, ver-
mittelt dabei alles, was über die publizierten Werke be-
kannt und feststellbar ist. M. J. F.

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