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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 3.1905

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Gauls Entwurf eines Elefantenbrunnens für den Steinplatz in Charlottenburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.4389#0220

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GAULS ENTWURF EINES ELEFANTENBRUNNENS
FÜR DEN STEINPLATZ IN CHARLOTTENBURG

WENN auf dem hübschen Steinplatz in Char-
lottenburg die Gauische Brunnenanlage —
was noch nicht feststeht — zur Ausführung kommt,
so hat die Zeitschrift „Kunst und Künstler" die
Freude, zu diesem Ergebnis einiges beigetragen zu
haben.

Im elften Heft des zweiten Jahrganges lenkten
wir die Aufmerksamkeit darauf, dass von einer
Gruppe von Bürgern Charlottenburgs beabsichtigt
werde, der Stadt eine Charlottenburgia zu schenken,
und drückten die Ansicht aus, dass es nicht unum-
gänglich nötig sei, eine Charlottenburgia zu stiften;
dass es vielmehr angängig sei, auch ein anderes
Motiv für einen Brunnen zuzulassen, dass es auch
angebracht sei, neben Fritz Heinemann, der von der
Charlottenburger Gruppe herangezogen war, einige
Bildhauer wie Gaul und Tuaillon zu einem Wett-
bewerbe mit freigestelltemThema aufzufordern. Ein
solches Preisausschreiben wurde erlassen, Tuaillon
zog sich zwar zurück, weil ihm die Arbeit an zu
viel anderen Aufgaben die Zeit wegnahm, Gaul
aber gewann den Preis gegen Heinemann.

Er errang ihn mit dem Entwurf eines Elefanten-
brunnens.

Die Ausstellung der Entwürfe — Heinemann
hatte drei, Gaul zwei angefertigt — fand in der
Akademie statt. (Diese liegt dem Steinplatz in
Charlottenburg gegenüber.) Und wohl gewährte
es ein eigenes Vergnügen, diese Ausstellung von
Entwürfen, bei der Gaul siegreich blieb, gerade in
der Akademie stattfinden zu sehen, der Heimstätte

lind dem Symbol eben jenes Stils, der, in Gestalt
der drei Heinemannschen Entwürfe, von den ver-
einigten Preisrichtern soeben aufs Haupt geschlagen
wurde.

Bei der Besichtigung der Entwürfe lernten wir
auch den Kopiensaal der Akademie kennen. In ihm
fand die Ausstellung statt.

Die Kopien, die in diesem Raum aufgehängt
sind, erscheinen durchweg flach, wesenlos, hinge-
blasen. Man kann bei ihrem Anblick nicht umhin
an die Kopiensammlung der pariser ecole des beaux-
arts zu denken, wie man leider auch beim Betreten
der Akademie an die feingeschnittenen, man möchte
sagen feingeschliffenen Bauten der ecole des beaux-
arts sich erinnert oder besser nicht erinnert. Es
steckt doch eine ganz andere Kultur in dem pariser
Bauwerk und selbst in den Kopien, die dort bewahrt
werden. In jener Kopiensammlung in Paris be-
finden sich einige auserlesene Stücke, von Henner
z. B. eine Nachbildung nach einem Holbein, die
ganz „verhennert" und persönlich geworden ist;
von Baudry eine Anzahl von Kopien nach Fresken
der sixtinischen Kapelle, Baudry ist hier nicht das
Glück zuteil geworden, sich mit dem Geiste Michel-
angelos vermählen zu können, wohl aber ist es ihm
gelungen, durch eine Art von selbständiger Schmieg-
samkeit und Grazie den Eindruck von etwas an-
nähernd Lebendigem zu erzielen. Doch derartige
Kopien sind nur einem Glückszufall zu vergleichen;
an ihnen die Kopien der berliner Akademie kontro-
lieren zu wollen würde eine Ungerechtigkeit

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