Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 3.1905

DOI Artikel:
Gauls Entwurf eines Elefantenbrunnens für den Steinplatz in Charlottenburg
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4389#0223

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ihn geschaffen. Dennoch geht die Komposition auf
einen älteren Entwurf des Künstlers zurück.

Schon aus dieser Tatsache sieht man nun, dass
die Absicht, die dem Entwurf untergeschoben wor-
den ist: es seien mit dem „dressierten Elefanten"
die Eleven des Gebäudes von gegenüber, die Eleven
der Kunstakademie gemeint worden, dem Künst-
ler völlig ferngelegen hat. Das Werk ist aus einer
rein künstlerischen Freude am Objekt hervorgegan-
gen. Der Künstler hat keinen Nebengedanken ge-
habt. Dies muss man nicht allein deshalb betonen,
weil die irrige Meinung aufgetreten ist, der Künst-
ler hätte eine ironische Idee bei seiner Arbeit ge-
habt, es muss vor allem aus dem Grunde hervor-
gehoben werden, weil nur, indem man jeden Neben-
gedanken bestreitet, der Charakter dieser Arbeit
ausgedrückt wird.

Ob freilich diese rein künstlerische Freude am
Objekt gewürdigt werden mag? Ob ferner ein be-
trächtlicher Teil des den Steinplatz benutzenden
Publikums die Schönheit geniessen wird, die in dem
Zusammengehen — so nennen die Künstler die
vollständige Harmonie — des Elefanten mit dem
Platze liegt? Denn fürwahr wird der Platz mit dem
Elefanten sich zusammenschliessen wie die Plätze
in unseren alten Städten schön sind, die mit ihren
Monumenten Eins wurden!

Solches Zusammenklingen schon aus dem
Modell und den Zeichnungen zu empfinden setzt
eine gewisse Schwungkraft voraus. Man darf

sagen: erst wenn der Elefant nicht mehr als eine
Bronze erscheinen wird, die „eigentlich" aus einer
kolonialen Ausstellung von Elfenbeinprodukten sich
auf den Steinplatz nur verirrt hat; wenn die das
Brunnendenkmal umgebenden kleinen Gruppen von
hockenden Pelikanen nicht mehr als plastische
Schöpfungen angesehen werden, die es im Grunde
sich gebührt hätte dem Vogelhause eines zoolo-
gischen Gartens einzuverleiben: — dass erst dann
der Gauische Brunnen wirklich gewürdigt wird.
Vom Volke wird der Entwurf momentan noch als
eine Kuriosität betrachtet. Den Gauischen Brunnen
muss erst noch die Zeit umspinnen. Es mussten
auch viele von den alten Brunnen von der Zeit um-
sponnen werden, ehe sie dem Volke lieb werden
konnten, manche der alten Brunnen waren vielleicht
ursprünglich dem Volksempfinden noch verwunder-
licher. Für das Volksempfinden ist es schwer,
sich in die Phantasie hineinzuversenken, die ein
Kunstwerk schuf, das erst in diesen Tagen entstand.
Es geniesst die Phantasie eines Kunstwerks erst,
nachdem es mit ihm vertraut geworden. Wann
dieser Zeitpunkt bei dem Gauischen Brunnen ein-
treten wird, vermögen wir nicht zu bestimmen. Es
ist eine Zukunftsfrage und den Propheten wollen und
können wir nicht spielen. Unsere Aufgabe kann nur
sein, daraufhinzuweisen, dass um des Organischen
seiner Schönheit willen der Gauische ursprüngliche
dabei wohltemperierte Brunnen seine Aufstellung an
einem öffentlichen Platze vollauf verdient. H.

zog
 
Annotationen