Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 4.1906

DOI Artikel:
Stengel, Walter: Eine Freilicht-Prophezeihung
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4390#0217

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
wurden. (Schon damals also das treffliche Kon-
trastprincip.) Lawrence ist natürlich unglücklich.
Turner sieht das ein. Kurz vor der offiziellen Er-
öffnung streicht er den Himmel der „Cologne" mit
Aquarellfarbe schwarz zu und lässt das Bild während
der Dauer der Ausstellung in diesem Zustand hängen.
Die Geschichte ist (nach Swinburne) auch ander-
weitig bezeugt und illustriert trefflich die letzten
Worte, die Teniers dem Porträtmaler sagt.

Das war 1826. Das Datum 1828 steht auf
einem lichten Atelierporträt des Aquarellisten
William Henry Hunt. Es hängt im South-Ken-
sington-Museum. Ob Richter, der in späteren
Jahren (und auch früher) dann und wann Porträts
ausstellte, ähnliches versucht hat?*

18 3 1 fallen die tiefsinnigen, aber auch noch
stark mit konventionellen Anschauungen versetzten
Aeusserungen des alten Frenhofer in Balzac's
„l'Oeuvre inconnue".

1841 erscheinen die nachgelassenen Schriften
jenes deutschen Lichtmalers, in dessen Gedanken
schon im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts Tra-
dition und eigene Beobachtung wie in einem Brenn-
punkt sich gesammelt hatten.

* Nachträglich bemerke ich, dass in den Erinnerungen an
„James Holmes und John Varley" die Alfred T. Story gesammelt
hat (London 1894), auch Henry Richter vorkommt. Es heisst
da unter anderem, R. habe das Gemälde „Wie Christus den
Blinden sehend macht" sonderbarerweise „auf dem Dache seines
Hauses" gemalt, „in glühendem Sonnenlicht". Und der Be-
steller der ersten Ausführung habe dazu, dass R. die Modelle
einem so starken Sonnenschein aussetzte, scherzend gesagt, „er
brate sie wohl allmählich bei lebendigem Leibe". Da auch in
anderem Zusammenhange bei Story nicht alles in Ordnung
ist, möchte ich annehmen, dass die Quelle dieser Erzählung,
die an eine Hauptstelle der Richterschen Broschüre deutlich
anklingt, eben nur dorther stammt. Ich bedauere sehr, keine
der beiden Ausführungen des fraglichen Gemäldes gesehen zu
haben. Ein Exemplar kam, wie Story angiebt, als Altarbild
nach „Greenwich, New Church", Ich habe in Greenwich ver-
geblich danach geforscht.

In Holmes' Erinnerungen erscheint Richter als ein ganzer
Sonderling von köstlich trockenem Humor. Er konnte sehr
wohl scherzen und ulken wie ein fideler Student und war da-
bei „always as precise as an old maid and as formal as a
logician".

Aus den vierziger Jahren hören wir nun auch
wieder von wirklichen Versuchen. Was der Por-
trätmaler in Henry Richters Spiel nicht hatte glau-
ben wollen, trat jetzt ein. Der Maler Ford Madox
Brown notiert in seinem Tagebuch (z. B. 1847)
wiederholt, dass er die Modelle für seine Historien-
bilder im Sonnenlicht studiert.* Und „wenn die
Ueberlieferung richtig ist, hat schon um das Jahr
1846 ein so wenig bahnbrechender Künstler wie
Karl Girardet seinen Schülern das Malen im Frei-
licht ans Herz gelegt" (Tschudi).

1857 ist der Dichter des Vorspiels von 1817
als Greis gestorben, mit metaphysischen Studien
beschäftigt, zu der Zeit da „der Genius des Jahr-
hunderts" auf die Bühne trat, um die undankbare
Rolle des merkwürdig komplizierten Stückes zu
geben, zu dem jenes Geistergespräch — der Geister-
seher selbst war übrigens, wiewohl Kantianer, einer
der wenigen Freunde des Swedenborgianers William
Blake — als Einleitung gedacht werden kann. In
dem grossen Schauspiel, das nun beginnt, fehlen
die beiden typischen Personen nicht: der Erzfeind,
von dem Rembrandt sprach, und der Freund. —

Manet ist tot, und Zola. Spielt das Stück noch
heute? Fünfzig Jahre hat es gedauert. Es ist spät.
Die fünf Akte könnten zu Ende sein. Doch es
scheint, das Publikum will das Theater nicht ver-
lassen. Man ist nicht voll befriedigt, es war keine
klare Lösung des innerlichen Konfliktes. Einige
glauben, dass noch ein ,deus ex machina' kommen
soll. „Wozu nur die lange Pause?" Doch — ich
denke das geht uns nichts an und ist Sache der
Regie: der Geschichte.

* „Brown spottete über die braune Sauce, in die bei den
Historienmalern die ganze Welt getaucht sei, und hat in dem
Aufsatz: ,The mecanism of a historical picture', den er 1850
für die zweite Nummer des Germ schrieb, als erster klar die
Principien des Pleinair formuliert". (Muther, engl. Mal.). Wo
stehen diese Bemerkungen? Von dem fraglichen Aufsatz er-
schien im Germ nur ein Teil, der nichts enthält.

2 IO
 
Annotationen