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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 4.1906

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gelblich, wie ranziges Öl nicht gerade, jedoch wie
die Sonne erscheint wenn ein alter Maler gleich Rey-
nolds sie giebt... und doch entzückte uns das Bild bis in
die Poren. Es wirkte auf uns so inflammierend wie es
der neueste Monet thäte. Denn der Fortschritt in der
Kunst bedeutet nichts gegenüber der Qualität. Das sah
man wieder einmal hier.

Die münchener Pinakothek hat ein wundervolles,
keckes Porträt von Frans Hals erworben. Es stellt einen
Mann dar, der etwas Gesetztes und doch Kühnes hat;
einen Mann voll Schalkhaftigkeit im Ausdruck; über-
legen und meisterhaft.

Die Ausstellung des Künstlerbundes wird nun, wie
es heisst, bestimmt im Gebäude des Museums in Weimar
stattfinden. Das Museum als solches bleibt bis zum
15. Oktober geschlossen, was auch schon durch die
Renovierungsarbeiten bedingt ist. Ein grosser Teil der
Kunstwerke des Museums wird während dieser Zeit im
Fürstenhause untergebracht. H.

Paul Kristeller, Kupferstich und Holzschnitt
in vier Jahrhunderten. Berlin 190$, Bruno Cassirer
VIII u. S9S S.

Die beiden Formen der graphischen Kunst, die bis
zum Ausgange des achtzehnten Jahrhunderts bekannt
gewesen sind, haben frühzeitig eine reiche Litteratur
hervorgerufen. Mehrere Hauptwerke, bis auf die Ge-
genwart unentbehrlich, sind am Eingang des vorigen
Jahrhunderts entstanden. Sieht man freilich auf den
Charakter der wissenschaftlichen Litteratur von Kupfer-
stich und Holzschnitt, so überzeugt man sich rasch, dass
der praktische Standpunkt des Sammlers nahezu aus-
schliesslich berücksichtigt worden ist. Das grosse Werk von
Bartsch giebt das beschreibende Verzeichnis der Künstler-
werke; die Monographien auf diesem Gebiet dienen
meist dem Zweck, den Sammler über die einzelnen
Blätter eines gegebenen Meisters, über die Platten-
zustände und was sonst über Verschiedenheit und Wert
eines Blatts entscheidet, aufzuklären.

Gegenüber dieser beschreibenden Litteratur ist die
zusammenfassende Darstellung ganz auffallend gering.
Es genügt in dem Litteraturverzeichnis, am Schluss von
Kristellers Buch, einen Blick auf die Rubrik „Geschichte
des Bilddrucks" zu werfen. Vielleicht nur Friedrich
Lippmanns Buch ,der Kupferstich', in der Serie der Hand-
bücher der königl. Museen erschienen, löst die —
schwierige Aufgabe (allerdings in musterhafter Weise)
zur ersten Orientierung vorzubereiten. Das korrespon-
dierende Handbuch des Holzschnitts ist nie erschienen.

Das Buch, das Kristeller nunmehr abgeschlossen hat,
darf allein aus dem Grund auf allgemeinre Beachtung
rechnen, weil es der erste Versuch ist, das ganze, un-
geheure Material wissenschaftlich zu verarbeiten.

Niemand war unter den Kunsthistorikern durch
seine Vorstudien mehr geeignet die ungemein schwierige
Aufgabe in Angriff zu nehmen. Fast alle früheren
Arbeiten der Verfasser behandeln einzelne fundamentale
Fragen aus dem Gebiet der graphischen Künste; für den
italienischen frühen Kupferstich hatte er sich längst den
Namen des besten Kenners erworben; zugleich hatte er
durch seine Thätigkeit an verschiedenen namhaften
Kabinetten die Kenntnis über das ganze Gebiet erworben,
die man nur in solcher praktischen Ausübung des Be-
rufs gewinnen kann.

Das Buch, das jetzt, reich illustriert, handlich trotz
der Ausdehnung, die das Thema notwendig machte,
vorliegt, wird für lange Zeit das jedem Forscher und
Kunstfreund unentbehrliche Handbuch bleiben. Denn
der eine findet hier, kurz zusammengefasst und ver-
arbeitet, was wissenschaftliche Einzelarbeit herausge-
bracht hat, der andere wird sich anregen lassen, dieser
oder jener Erscheinung sein Interesse zuzuwenden, die
bei der Fülle des Materials und der Schwierigkeit sich
zu orientieren, gar zu leicht entgeht. Mit Recht hat
der Verfasser im Vorwort diesen Zweck besonders be-
tont. Keine Wissenschaft hat mehr, als die unsere die
Pflicht, den lebendigen Zusammenhang mit der grossen
Zahl der „nur Kunstgeniessenden" zu bewahren. Mit
der Forschung allein, dem Entdecken neuer Thatsachen
ist das wenigste gethan.

Kristeller hat die natürlich sich ergebende Einteilung,
die nach Jahrhunderten, befolgt; innerhalb dieser
wechselt die Betrachtung der beiden Techniken, wie sie
in den einzelnen Ländern geübt wurden, ab. Ent-
sprechendseiner Bedeutung nimmt das fünfzehnte Jahr-
hundert einen breiten Raum in der Darstellung ein. In
der bescheidenen Form der Schwarz-Weisskunst spiegelt
sich klar die Entwicklung, welche in den letzten Jahr-
zehnten dieses Zeitraums die Formanschauung in den
führenden Ländern, Deutschland und Italien, durch-
lebte.

In mancher Hinsicht leistet schon diese Periode ihr
Allerhöchstes. Für den italienischen Holzschnitt z. B. —
wenigstens was Buchillustration anlangt — bedeutet das
neue Jahrhundert einen Rückschritt. Dafür treten die
grossen Meister graphischer Kunst auf den Plan: Dürer
und Holbein in Deutschland, Marc' Anton in Italien,
Lucas van Leyden in den Niederlanden. Während aber
nördlich der Alpen frühzeitig ein Niedergang eintritt,
bleibt in Italien durch die von namhaften Künstlern ge-
übte Radierung auf längere Zeit hinaus eine eigen-
tümliche, selbständig wertvolle Kunstübung lebendig.

Das siebzehnte Jahrhundert zeigt, wie auf dem Ge-
biet der Malerei, so auch für die graphischen Künste die
Niederlande an der Spitze. Nichts von dem, was Europa

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