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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 4.1906

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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4390#0370

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CHRONIK

NACHRICHTEN, AUSSTELLUNGEN ETC.

Eugene Carriere ist gestorben, von dem in der Presse
vielleicht mehr als billig bei diesem Anlass hervorgehoben
worden ist, in welchem Grade er sich der Freundschaft
von Anatole France, Octave Mirbeau usw. erfreut habe.
Es ist dabei etwas darüber hinweggeglitten worden, ob
er in der Malerei nicht etwa, wenn auch talentvoll, doch
manieriert war. Sehr auffallig ist allerdings die Freund-
schaft Rodins für ihn. Man wäre versucht, infolge der
Bewunderung für den grossen Bildhauer sich seinem
Urteil über die Bedeutung von Carriere anzubequemen,
wenn man nicht der Erwägung Raum gäbe, einerseits
wie unabhängig vom Genie das mit dem Verstände ge-
fällte Urteil ist, und dann, wie kompliziert das Nerven-
leben eines Künstlers ist, durch welches er veranlasst
wird, einen Künstler, der in irgend einer Art ihm ver-
wandte Saiten anschlägt, liebzugewinnen und vielleicht
zu überschätzen. Solches mag wohl der Fall von Rodin
gewesen sein. In der deutsch schreibenden Presse hat
das eleganteste und sympathischste Urteil über Carriere
Ludwig Hevesi im wiener Fremdenblatt ausgedrückt.
Er spricht von Carrieres in lithographischer Kreide aus-
geführten Porträts und findet die auch den Carriere-
Gegnern zutreffend erscheinenden Worte: „Es sind Bild-
nisse von Geistern, deren Geistigkeit das Leibliche der

Erscheinungen umspielt, unheimlich-heimlich, das Werk
des Seelenbeschwörers, der traute Manen vomAcheron
heraufzulocken weiss. Er könnte das nicht, ohne ihnen
seelenverwandt zu sein. Sie sind ein Teil von ihm, und
die verbindenden Fäden können sich durch den Tod nur
dehnen, aber sie reissen nicht ab . . ." Wie fein ist in
solchen Sätzen nebenher ausgedrückt, was auch ein
Fehler von Carriereschen Porträts war: dass sie eine
Gemeinsamkeit verband, anstatt dass sichlndividualitäten
trennten!

In Düsseldorf ist hochbetagt AlbertFlamm gestorben,
der sich ursprünglich zum Architekten bestimmt hatte,
dann aber, durch den in seine Jugendzeit fallenden
Triumphzug der Malerei der Gallait und Biefve ver-
anlasst, sich der Schwesterkunst widmete und ein
Studiengenosse von Oswald Achenbach wurde.

Die Eröffnung der Ausstellung des deutschenKünstler-
bunds ist auf den i. Juni verschoben.

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