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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 5.1907

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Heft 1
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Gurlitt, Cornelius: Das englische Porträt im achtzehnten Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.4704#0021

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DAS ENGLISCHE PORTRÄT
IM ACHTZEHNTEN JAHRHUNDERT

VON

CORNELIUS GURLITT

Das Erwachen des Selbstgefühles der Engländer
äusserte sich im 18. Jahrhundert durch die ausser-
ordentlich gesteigerte Vorliebe für Bildnisse. Nicht
nur wurde es zu einer heute noch dort bestehenden
Sitte, Männer von Verdienst an den Stät
ten ihres Wirkens im Bilde festzuhal-
ten, so dass die Gerichtshallen
Universitäten, Kolleges, Stadt-
häuser lange Reihen von Bild-
nissen beherbergen; sondern
auch im Schloss wie im
bürgerlichen Wohnhaus gal-
ten Bildnisse zu dem eisernen
Bestand eines den guten Ge-
schmack pflegenden geord-
neten Hauswesens. Eine
grosse Anzahl von Malern,
die in den kleinen Land-
städten ihren Sitz hatten,
bereisten die Sitze des Adels,
schufen sich eine Kundschaft
unter den Grundbesitzern,
den Kauf leuten und Beamten,
indem sie mit rascher Hand
und oft überraschendem Ge-
schick dem Bedürfnisse dienten. ^
In jungen Jahren, während solcher
Wanderschaft im Lande malte Rom-
ney einen Kopf für 42 Mark, eine Ge-
stalt in Lebensgrösse für 1 2 6 Mark. In
seinen besten Zeiten, als berühmter londoner Maler,
fordert er 420 und 1680 Mark für solche Bilder.
Das Geld war ja zu jener Zeit weniger wert als

GAINSBOROUGH,
KÖNIGIN CHARLOTTE

heute, aber ein Maler konnte bei solchen Preisen
wohlhabend werden. War doch nach 3 — 5 Sitzungen
das Bild fertig. Wohl 80 bis 100 Bildnisse ent-
standen im Jahr. Das zeugt von einer erstaunlichen
Sicherheit im Anpacken und im Aus-
iren, von einer Klarheit im künst-
lerischen Ziel, die nie ein Wanken
und Schwanken duldete.

Englische Kunst konnte erst
entstehen, seit die Hauptstadt
zum Sitz englischer Künst-
ler wurde, seit hier die bis-
her übliche Fremdländerei
überwunden war. Es ge-
schah dies durch das rasche
Emporblühen einer Reihe
im Alter wenig verschie-
dener Maler, die fast durch-
weg erst in der Provinz
ihre Schule gemacht hatten.
Voraus ging freilich eine so
eigenartige Erscheinung, wie
sie William Hogarth gewesen
war, ein Londoner von Geburt
[697). Hier ist nicht zu reden
seinen Reihen von Kupfer-
n und Bildern, in denen er gegen
die Zeitsünden als Lehrer der Sittlichkeit
kämpfte. Aber es ist immerhin er-
wähnenswert, dass er hier das Hässliche
der Menschenseele mit bitterem Ernst zu schildern
wagte. Ganz anders wie etwa Jan Steen oder
Adriaen Brouwer, die ihren Spass an den hässlichen,

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