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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 5.1907

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Heft 1
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Gurlitt, Cornelius: Das englische Porträt im achtzehnten Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.4704#0022

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lärmenden, betrunkenen Bauern hatten; oder als
Teniers und Ostade, die in sie verliebt waren; ganz
anders wie Watteau und Pater, die sie höchstens als
die Vornehmen erheiternde Tölpel darstellten. Es
handelt sich hier um den Bildnismaler Hogarth, der
viel feiner und vornehmer ist, als die oft so rohen
Stiche nach seinen Bildern vermuten lassen. Aber
auch hier konnte er seine Lust nicht unterdrücken,
im Ausdruck zu übertreiben, zuviel sagen zu wollen.
Das ist, was ihn noch als unfertig dem kommenden
Malergeschlechte Englands gegenüber erscheinen
lässt. Ihm fehlt noch die innere Vornehmheit, die
Ruhe, sich in das Wesen anderer zu vertiefen, in
den Seelen zu lesen; ihm, dem es in erster Linie
darauf ankam, anzuklagen oder zu verteidigen.

Aber eines zeigt sich auch in seinen Bildnissen
und in diesen vorzugsweise: Hogarth konnte malen.
Ihm fehlte nicht jene Sicherheit, die die Grundlage
alles Fortschreitens ist. Und so die Männer um
ihn, die hier zu schildern keinen Zweck hat: sind
ihre Namen doch kaum der Kunstgeschichte ein-
gereiht. Der Ruhm der britischen Bildnismalerei
beruht noch auf wenigen Namen: Auf den Eng-
ländern Thomas Gainsborough, Joshua Reynolds,
George Romney und Thomas Lawrence, und auf
den Schotten Allan Ramsay und Henry Raeburn.
Ob das Ausschliessen anderer gerecht sei, bleibe
dahingestellt.

Kurz nach Hogarths Tode (176^) wurde London
der Kunstmittelpunkt des Landes. Die Gründung
einer Malerakademie ist das äussere Zeichen dieser
Stellung. Gleichzeitig etwa entstand die zu Edin-
burg. Die Kunst zog vom Lande in die Stadt.
Aber die Kunst war auf dem Lande geboren. Die
beachtenswertesten Meister sind jene, über die die
britische Kunstgeschichte mit einem Lächeln hin-
weggeht, die local artists. In diesen lag die Wurzel
volkstümlichen Schaffens. Es giebt in England einen
ausgesprochenen Londoner Dünkel, der kaum min-
der eifrig am Werke ist, das ganze Volk sich Unter-
tan zu machen, wie der Pariser. Man achte darauf,
wie beispielsweise in London schottische Kunst ge-
schichtlich behandelt wird. Man will ihr die
Selbstständigkeit nicht anerkennen. Und doch hat
sie so manches Mal die Kunst der Londoner Aka-
demie aus der Versumpfung gerettet. Es verdient
daher betont zu werden, dass ein Schotte der erste
wirklich selbstständige Meister war, Ramsay. Er
hat London nur äusseren Erfolg, nicht innere Förde-
rung zu verdanken. Im Freundeskreise Reynolds'
erzählte man zwar, es habe Ramsay am Selbst-

vertrauen gefehlt, sodass er viele Arbeiten un-
fertig gelassen habe. Man meinte, Reynolds habe
ihn gefördert. Ein Gang durch die Edinburger
Sammlungen lässt dies bezweifeln. Ramsay war
ein künstlerischer Nachkomme der Niederländer;
aber er hatte durchaus Eigenartiges mitgebracht:
ein gutes Auge und einen schlichten Sinn, das ihn
trefflich zum Bildnismaler eignete. Seine berühmte
Darstellung ]. J. Rousseaus ist ein Beweis hierfür.
1713 in Schottland geboren, kam er früh nach
Italien und begründete in Edinburg seinen Namen
und ein stattliches Vermögen — dass er damals
schon „40000 £ wert" war, ehe er erster Hof-
maler König Georgs III. wurde, rühmen seine
Landsleute. Abwechselnd in London und Edin-
burg lebend, reiste er noch zweimal nach Rom,
überall vielbeschäftigt und mit Gehilfen nach der
Art alter Meister arbeitend. Er starb 178^.

Auch Gainsbourough war gewissermassen nur
zu Gaste in London. 17*7 ist er in der Grafschaft
SufFolkgeboren, ging 1760 nach Bath, dem damals
vornehmsten Badeort Englands, wo er bis 1774
blieb. 1774 kam er nach London, wo er bis 1788
lebte und schuf: Ein Maler der vornehmen Welt,
dabei ein Mann, der gesellschaftlich nicht in den
Vordergrund trat; sondern der mit freudiger Be-
wunderung diese vornehme Welt von ferne be-
trachtete: Sie lief ihm zu als einem geschickten,
treuen, guten Menschen, den nur seine Nerven
leicht ungeduldig und heftig machten. Man schätzte
ihn als Künstler und er dankte für die ihm hieraus
erwachsene Anerkennung durch die malerische Ver-
ehrung für alles, was vornehm und schön in Eng-
land war; eine Verehrung, die wohl mehr aus
seinen Pinselstrichen, als aus seinen Worten und
seinem Benehmen sprach. Die Dichter liebten es,
in seiner Werkstätte zu erscheinen, um geistvoll
das zu erklären, was er ohne viel Spintisieren schuf.
Sie waren es, die seinen Ruhm als einen Begründer
neuer Schönheit der Welt verkündeten. Erst in
jüngster Zeit sieht man mit Staunen, dass die lite-
rarisch weniger gehätschelten Meister der vorher-
gehenden Zeit auch Tüchtiges zu leisten ver-
mochten.

Ähnlich ging es Romney. Auch er ist auf
dem Lande, in Cumberland, geboren (1734), lernte
bei einem der örtlichen Künstler und arbeitete sich
langsam empor als ein Handwerker der Kunst, der
zunächst verdienen musste, um endlich zum Voll-
künstler auszureifen. Nur mit Mühe erwarb er
die Mittel, um die damals für die Künstler uner-

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