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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 5.1907

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Heft 1
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4704#0053

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CHRONIK

NACHRICHTEN, AUSSTELLUNGEN ETC.

In Alfred Stevens, der jetzt nach einem langen
Dasein verstorben ist, verlor die Welt einen Maler, dem
in seiner Jugend- und Blütezeit sensationelle Erfolge
beschieden waren, wenn es berechtigt ist, dieses Wort
bei einer so konservativen, kontemplativen, fast reak-
tionären Kunst anzuwenden. Seine Blütezeit traf
mit den Tagen des zweiten Kaiserreichs zusammen,
das er, obzwar ein geborener Belgier, in seinen Salon-
scenen typisch dargestellt hat. Seine Domäne waren die
ruhigen Scenen mit wirklich eleganten Damen in be-
haglich luxuriösen Zimmern, die Damen wirkten nicht
immer sehr gescheit, immer aber zurückhaltend und
vornehm, und sie boten auch schon darum keine Hand-
habe, Stevens mit den üblichen Malern von „Genre-
bildern" in Vergleich zu bringen. Seine Gemälde waren
mehr Existenzbilder als Genrebilder.

In späteren Jahren trat bei ihm eine grosse Deca-
dence ein. Sie entwickelte sich allmählich. Schliesslich
wurde sie reissend. Die Zahl seiner Bilder vermehrte
sich in eben dem Maasse, in dem ihre Qualität schlechter
und am Ende ganz unerträglich wurde. Mit nachlässig
gemalten Köpfen von Kokotten, und Meerbildern, die
ohne Anschauung von der See hingestrichen waren,
endete dieser Künstler, der im Beginn mit skrupulöser
Gewissenhaftigkeit daraufgehalten hatte, stets echt zu
sein und alles nach der Natur zu malen. In der Zeit
seiner Blüte stand er, was allgemeine Geltung betrifft,

mit in der ersten Reihe der französischen Kunst. Einige
seiner Bilder aus der guten Zeit sind auch in Deutschland.

*

Nach Rembrandts „Staalmeesters" im Rijksmuseum
zu Amsterdam hat die Gesellschaft zur Verbreitung klas-
sischer Kunst in Berlin eine Reihe von Heliogravüren
herausgegeben, die zu den vollendetesten Leistungen
der modernen Reproduktionstechnik gehören, und die
das Werk, soweit Form und Technik in Frage kommen,
dem intimsten Studium erschliessen. Das ganze Bild
ist in der Grösse von 40X60 cent. wiedergegeben, die
fünf hauptsächlichen Porträtköpfe in der Grösse des
Originales.

*

Die Versteigerung der Kunstschätze aus der Villa
George Agath-Breslau, von der schon wiederholt in der
Presse die Rede war, findet nun definitiv am 22. und
23. November durch Rudolph Lepkes Kunst-Auctions-
Haus in Berlin statt. Es handelt sich nicht um eine
Sammlung im entwickelungsgeschichtlichen Sinne, es
ist vielmehr das Prunk- und Schaugerät des vornehmen
Patrizierhauses, welches ein geläuterter Geschmack und
feinsinniges Kennertum in langen Jahren ansammelte.
Und so begegnen wir speziell dem deutschen Prunk-
silber des 16. und 17.Jahrhunderts in erlesenen Stücken.
Massige danziger und königsberger Humpen mit voll-
endet getriebenen Figuren, die fein und elegant

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