EIN KAVALIERMALER
VON
KONRAD MULLER-K ABOTH
ass Ferdinand von Rayski, ein
Maler von hohen Graden, wäh-
rend eines Lebens von dreiund-
. siebzig Jahren gänzlich ver-
schollen blieb, von keinem
Kunstgenossen, von keinem
Historiker genannt: dieses Fak-
tum eines selbst in Deutschland seltenen Outsider-
tums wird dem sentimentalen Räsonnement der
jetzt mobil werdenden Rayski-Historiographen für
längere Zeit Grund sein, den Blick der Laien für
den Glanz dieser Erscheinung zu trüben. Man wird
über der larmoyanten und abstrakten Erwägung,
die ziellos an den Grenzen des Problems vagiert, die
natürliche und interessante Frage vergessen, auf
Grund welcher Konstitution, welcher Gefühlsvor-
urteile ein Mann von künstlerischem Temperament
dahin kommen konnte, sich der Thaten eines ruhm-
würdigen Talentes mit Gelassenheit zu entledigen,
ihnen nicht anders nachzusehen als einem eben
gegangenen Schritt und die Spuren dieser Lebens-
entfaltung verlöschen zu lassen wie jede andere,
der er sich hingab und die er vergass, wenn
Stunde und Laune zu Ende waren: wie Reiten,
Jagen und Lieben. Man wird nicht erkennen,
in wie hohem Grade der von Goethe fixierte Typ
des künstlerischen Dilettanten durch Rayski glori-
fiziert wird, und dem Raffinement des modernen
Psychologen wird es schwer sein, sich vorzustellen,
dass ein Künstlertum von Ernst und Kraft, von
tieferer Ursprünglichkeit als Krügers Handwerker-
gesinnung, so ohne Qual, jeder inneren Dramatik
bar sich ausgeben konnte, dass der Aufwand der
Kräfte nicht eine Blutwelle von der harmlosen und
naiven Lebensfreude des Menschen absorbierte und
keinerlei Stolz, keinerlei Aureolebedürfnis als
Ausgleich zwischen Spannung und Entladung
brauchte. Indessen ist damit als mit einer Thatsache
zu rechnen, und die Betrachtung der Rayskischen
Produktion hat diesen IndifFerentismus einer allzu
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VON
KONRAD MULLER-K ABOTH
ass Ferdinand von Rayski, ein
Maler von hohen Graden, wäh-
rend eines Lebens von dreiund-
. siebzig Jahren gänzlich ver-
schollen blieb, von keinem
Kunstgenossen, von keinem
Historiker genannt: dieses Fak-
tum eines selbst in Deutschland seltenen Outsider-
tums wird dem sentimentalen Räsonnement der
jetzt mobil werdenden Rayski-Historiographen für
längere Zeit Grund sein, den Blick der Laien für
den Glanz dieser Erscheinung zu trüben. Man wird
über der larmoyanten und abstrakten Erwägung,
die ziellos an den Grenzen des Problems vagiert, die
natürliche und interessante Frage vergessen, auf
Grund welcher Konstitution, welcher Gefühlsvor-
urteile ein Mann von künstlerischem Temperament
dahin kommen konnte, sich der Thaten eines ruhm-
würdigen Talentes mit Gelassenheit zu entledigen,
ihnen nicht anders nachzusehen als einem eben
gegangenen Schritt und die Spuren dieser Lebens-
entfaltung verlöschen zu lassen wie jede andere,
der er sich hingab und die er vergass, wenn
Stunde und Laune zu Ende waren: wie Reiten,
Jagen und Lieben. Man wird nicht erkennen,
in wie hohem Grade der von Goethe fixierte Typ
des künstlerischen Dilettanten durch Rayski glori-
fiziert wird, und dem Raffinement des modernen
Psychologen wird es schwer sein, sich vorzustellen,
dass ein Künstlertum von Ernst und Kraft, von
tieferer Ursprünglichkeit als Krügers Handwerker-
gesinnung, so ohne Qual, jeder inneren Dramatik
bar sich ausgeben konnte, dass der Aufwand der
Kräfte nicht eine Blutwelle von der harmlosen und
naiven Lebensfreude des Menschen absorbierte und
keinerlei Stolz, keinerlei Aureolebedürfnis als
Ausgleich zwischen Spannung und Entladung
brauchte. Indessen ist damit als mit einer Thatsache
zu rechnen, und die Betrachtung der Rayskischen
Produktion hat diesen IndifFerentismus einer allzu
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