EIN BRIEF
VON
GEORG FRIEDRICH KERSTING
Berlin d. u. Okt. iSzz.
Mein liebes gutes Weibchen !
Gestern früh um 4 Uhr bei immer heiterem Wetter
traf ich glücklich und wohlbehalten ein. . .
Ich habe mich innig über den schönen grossen Bau
gefreut und finde auch hier wieder, dass manchmal
mehr räsonniert wird als man verantworten kann,
leb gestehe, dass ich in neuerer Zeit kein schöneres
Gebäude entstehen sah. Es ist mit vieler Kraft ge-
bauet und ist wahrhaft ein Berliner Schauspielhaus.
Ich meine damit, dass ein solches öffentliches Gebäude
der Nation angemessen sein muss, also in Dresden
anders und in Wien wieder anders, dem Volke ent-
sprechend, und in diesem Sinne gefällt es mir.
Es ist übrigens erfreulich, ein so überaus reges
Leben in allen Zweigen der Künste und Wissenschaften
zu bemerken.
Alle möglichen Produkte des deutschen Kunstfleisses
zur öffentlichen Anschau ausgestellt, vom niedrigsten
bis zum höchsten. Es ist gut und schön, dass der
Theutsche einmal sieht, was der Theutsche im all-
gemeinen wirkt und schafft. . 0! die schönen Maschinen,
wie herrlich beurkundet sich hier der Verstand und Fleiss
des Volkes. Es hat mich ungemein ergriffen, diesem
. . . Volke auch anzugehören.
Gott befohlen.
Dein Dich ewig liebender
G. Kersting.
Mitgeteilt von Walter Stengel.
333
VON
GEORG FRIEDRICH KERSTING
Berlin d. u. Okt. iSzz.
Mein liebes gutes Weibchen !
Gestern früh um 4 Uhr bei immer heiterem Wetter
traf ich glücklich und wohlbehalten ein. . .
Ich habe mich innig über den schönen grossen Bau
gefreut und finde auch hier wieder, dass manchmal
mehr räsonniert wird als man verantworten kann,
leb gestehe, dass ich in neuerer Zeit kein schöneres
Gebäude entstehen sah. Es ist mit vieler Kraft ge-
bauet und ist wahrhaft ein Berliner Schauspielhaus.
Ich meine damit, dass ein solches öffentliches Gebäude
der Nation angemessen sein muss, also in Dresden
anders und in Wien wieder anders, dem Volke ent-
sprechend, und in diesem Sinne gefällt es mir.
Es ist übrigens erfreulich, ein so überaus reges
Leben in allen Zweigen der Künste und Wissenschaften
zu bemerken.
Alle möglichen Produkte des deutschen Kunstfleisses
zur öffentlichen Anschau ausgestellt, vom niedrigsten
bis zum höchsten. Es ist gut und schön, dass der
Theutsche einmal sieht, was der Theutsche im all-
gemeinen wirkt und schafft. . 0! die schönen Maschinen,
wie herrlich beurkundet sich hier der Verstand und Fleiss
des Volkes. Es hat mich ungemein ergriffen, diesem
. . . Volke auch anzugehören.
Gott befohlen.
Dein Dich ewig liebender
G. Kersting.
Mitgeteilt von Walter Stengel.
333