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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 5.1907

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Heft 10
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Graf, Robert: Briefe von Hans von Marées, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4704#0426

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BRIEFE VON HANS VON MAREES

MITGETEILT VON

ROBERT GRAF

XIII.

jedenfalls Juni 1877.

... — denn klar und ehrlich sein, ist sich selbst
offen zeigen. Der ganze Vorgang meines Lebens ist
eigentlich dies Bestreben gewesen und ich weiss auch,
dass dadurch sowohl ich als andere mehr gewonnen
wie verloren haben. Durch nichts wird die gegen-
seitige Teilnahme mehr gesteigert. — ...

... — Sie werden nicht böse sein, wenn ich ein
Beispiel anführe: Apres nous le d'eluge, d. h. ich will
mitnehmen was ich kann, mag auch die Welt darüber
zugrunde gehen. Könnte man sich, wenn solch ein
Grundsatz wirklich ins Gemüt gedrungen wäre, noch
Liebe zu einer Person oder Sache vorstellen? Beides,
Glück und Genuss, werden dann unmöglich sein und
auch die Wirkung auf die Umgebung ist vernichtend.
Besser, richtiger, glaube ich, wäre es zu sagen, handle,
lebe deiner Ueberzeugung treu, sollte auch deine Person
darüber zugrunde gehen. So und nicht anders sind
alle Menschenwerke entstanden, die das Leben, die
Welt auch nach dem Hingange ihrer Schöpfer schliess-
lich zusammenhalten. . . —

— ... — Rom ist auch der Ort, wo ich mich
selber doch am meisten fühle, denn hier ist mein Wesen
erst zu sich selbst gekommen und lernen kann hier
jeder; denn auch die Sitten, richtig gesehen, können
nur günstigen Einfluss haben, namentlich die der Frauen.
Ich freilich habe einige, nicht ganz mit meinen übrigen
harmonierende italienische Eigenschaften angenommen,
die man mir wohl wieder abgewöhnen kann. — ...

SCHLUSS

... — Hoffentlich wird der Abguss wohlerhalten
ankommen, es dauert immer etwas lange. Vom Ver-
fertiger* desselben erhalte ich soeben aus Deutschland
die Anzeige seiner Verlobung und demnächstigen
Heirat.

XIV.

Juni iSyy.

... — Das Schicksal hat mir doch die grosse
Gunst erwiesen, dass ich auf weitere und nicht ge-
meine Ziele lossteuern durfte. Im grossen und ganzen
habe ich die Zeit nicht unbenutzt vorüberziehen
lassen; ich habe manches erworben, was vielleicht nicht
zu verachten ist. Ich habe nicht planlos gelebt, und
die Zeit nähert sich, in der sich das zeigen wird.
Von Natur nicht ohne Mut, beseelt von Glauben und
bewährt mit festen selbsterrungenen Ueberzeugungen
hat mich der Bick in die Zukunft nie zittern gemacht.
— Von Haus aus hielt ich es unter der Würde ?neines
Berufes, der ein edler ist, denselben zum eigentlichen
Erwerb zu missbrauchen, obgleich es mir oft, wenn
ich wollte, nicht so schwer wurde — ...

... —■ Und so hätte ich vor der Hand weiter
nichts zu sagen, als dass die Büste** heute abgegangen
ist, mögen die starren, harten Züge derselben, weil sie
die Hülle eines weichen, treuen und zarten Gemütes
sind, nicht unwillkommen sein. Der Pallas die ge-
bührende Verehrung und Kniebeugung von ihrem ge-
treuen Ritter Hans.

* Professor Hildebrand.

** Der Abguss ivitrde bei einem Umziige zertrümmert.

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