Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 5.1907

DOI Heft:
Heft 12
DOI Artikel:
Runge, Philipp Otto: Aus den hinterlassenen Schriften
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4704#0512

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Triften

Phantasie, Ideen, U,
t5 damit denke ich, ob:
tecken zu bleiben.-ki
n, womit ich midi stk

möchte wissen, ob es 1
h', wenn ich etwas sehe.:
Hier Baum, ein schönst
ein Mädchen, Knabe oder
n, die gar nicht rasair
ja ich möchte sagen ii

so gemein, es ist mit r
Stück Holz, bis«
n gleich eigen ist, m;
menhangt, ich weis:.:
ich könnte sagen da
:r uns aus allem

immer als wäre es*-
ht weiterkommt,^
man muss doch >
dankekannm.^ ;
ich am Ende

h einig« «tf»t
lur noch einig ,

- thÄ

g£th;.n'k jeder <V

A in den * f-
und m . eben *> 5

Figuren isc>

mich, ist Rembrand in dem bezaubernden Lichte
seiner Werke, so komisch er auch bisweilen in
seinen Figuren uns vorkommt, und wenn es bey
ihm alles nach der Holländischen Kleidung schmeckt,
so sieht man doch an dem Licht, das er über diese
Figuren ausgiesst, den gewaltigen Geist, der mit
eben der Sicherheit hindurch in das innerste unsrer
Gefühle zu dringen weiss, es eben so sehr in seiner
Gewalt hatte, wie Rafael in seinem Fach.

Mir träumte, auf der Akademie war auch ein
alter Schulkamerad von mir, dieser arbeitete an
einem Oelgemählde, worauf er entsetzlich viele
weisse Farben setzte. Ich stand hinter ihm und ge-
traute es mir nicht, ihm zu sagen, dass das sehr
dumm sey. Nun kam Rembrandt, das war der Pro-
fessor; der ging gekleidet wie die Hohenpriester
auf seinen Bildern, war auch ganz in so ein heiliges
Dunkel gehüllt; mir schlug das Herz, als ich ihn
sah. Er sähe die Sachen an, die mein Freund ge-
macht hatte, und gerieth in schreckliche Auf-
wallung; er hielt eine ziemlich lange Rede, die
ungefähr dahinaus lief: „Mit grässlicher Kälte er-
greift ihr Buben das Werkzeug, welches euch die
Muse darreicht, und so kalt, wie euer Herz ist,
streicht ihr den Kalk dahin, und wollt mit eurem
armseligen Verstand ergründen, was die Empfin-
dung der ganzen Welt noch nicht erschöpft hat."
Ich weiss nicht, was er noch sagte, aber ich fühlte
es tief in meiner Seele; er sagte das zu meinem
Freund, der vor Zorn, dass seine Sachen nicht ge-
lobt wurden, alles zerriss. Rembrand sagte darauf,
dass dieses ganze Geschlecht es nicht werth sey, dass
sie die alten Bilder noch hätten, und ging in den
Himmel zurück. Ich konnte mich nicht halten;
auch auf mich war sein Fluch gerichtet; mir war,
als ob meine Seligkeit auf dem Spiel stünde; ich
sank zurück, es schien mir Traum, und aufzuhören,
Mit einemmal glaubte ich mich erwacht, und sähe,
dass R. in eine Thür hineingegangen war, ich
dachte: du sollst zu ihm gehen, und dich ihm ganz
anvertrauen, wie du bist. Als ich in die Kammer
kam, sass er vor einem seiner Gemähide und weinte;
mir vergingen die Sinne, als ich ihn weinen sah.
Ich fiel ihm zu Füssen, er sah mich an, und wir
sagten uns nichts, aber wie es in seinem Gesichte
war, und wie ich an seinen Hals gekommen bin,
weiss ich nicht mehr. Ich weinte laut, und er
nannte mich seinen lieben Otto; ich kann's mir
nicht denken, dass ich je ein so seliges Gefühl ge-
habt; ich fühlte, da ich erwachte, noch, dass ich

viel geweint hatte; auch ist mir nie ein Traum in
solchem Zusammenhang passirt, und alles so deut-
lich; er hing ganz damit zusammen, was ich gestern
Abend dachte, und womit ich einschlief; aber
meine Erzählung davon ist nur fade, und kann
Ihnen nicht den Begriff davon geben, wenn Sie
nicht grade gestimmt sind.

.... Mir kommt es sehr sonderbar vor,
dass die jungen Leute erst nach den idealischen
Köpfen zeichnen sollen, worin doch alles, was sie
ausdrücken sollen, weit schwankender oder all-
gemeiner ist. Ein individueller Ausdruck muss
uns anfangs weit mehr reizen, und ich glaube, wir
können nur durch die vielen individuellen oder
durch vieles in der Natur selbst die idealischen ver-
stehen lernen.

So wundern sie sich und ist ihnen unbegreif-
lich, wie ich das habe machen können, was in
meinem Bilde ist; sie meynen, ich habe es von An-
dern genommen, und sie sehen ja doch, dass ich
nichts gelernt habe, und keine grossen Werke be-
sitze, und gesehen habe; und kommen nicht dar-
auf, dass der Mensch die Welt in sich trägt, wenn
er sie liebt. So, wenn sie glauben könnten, sie
wollten mich muthlos machen, und zu Andern
sagen, es ist nicht von ihm selbst, bestätigen sie
mich in meinem Innern.

Es giebt nur zweyerley in der Welt, das einen
Menschen bestimmt: das Alte zu erhalten, oder das
Neue zu fördern., In beiden Fällen müssen wir
uns selbst deutlich verstehen: im ersten, um erst
recht zu erkennen, was die Alten gedacht haben;
und im zweyten den Zusammenhang aller dieser
Gedanken mit einem grossen Gedanken in uns, der
einen andern Zusammenhang, den des Ganzen mit
unsrer eignen Seele, und das Neue erzeugt.

Lieber Vater, verzeihen Sie mir es, wenn
ich jetzt ein wenig toll bin, ich bin es doch bloss
für mich; aber das Herz schlägt mir in den Hals
hinein, von Morgens, wenn ich aufwache, bis
Abends spät. Es kann Keiner in einer angenehmeren
Haut stecken, wie mir meine ist; was mich aber
am meisten freut, ist, dass in Freude wie Leid mir
alles nur desto besser von der Hand geht, und ich
immer weiss, wie es in mir zugeht. Mir ist, als
könnte ich Berge versetzen, und wenn ich mir
etwas zu machen vornehme, geht es auch. Ich

491
 
Annotationen