Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 5.1907

DOI Heft:
Heft 12
DOI Artikel:
Zilcken, D.: Die Königsgräber von Saint Denis
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4704#0517

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
PLEURANTS VOM GRABMAL JOHANNS DES UNERSCHROCKENEN, XV. JAHRHUNDERT

DIE KÖNIGSGRÄBER VON SAINT DENIS

VON

D. ZILCKEN

ielleicht ergeht es Manchem,
der zum ersten Male in Paris
ist, wie es mir erging: dass er
nur mit dem Gedanken an das
Moderne und etwa noch an
Empire- und Barockzeit dort-
hin kommt und dann die Über-
raschung erlebt, dass ihm auch das, was davor
liegt, Renaissance und Gotik, seltsam lebendig
werden. Treten doch Gestalten wie Ludwig der
Heilige, Franz I., Heinrich IV. hier mit einer Un-
mittelbarkeit vor uns hin, die bisweilen mit der
Stärke der Gegenwart wirkt. Es ist aber vor allem
die Kunst, woraus ihre Persönlichkeiten zu uns
reden; eine Kunst, wovon wir in Deutschland, ab-
gesehen von der Architektur, im allgemeinen sehr
wenig wissen. Und woher sollten wir auch, da

Allzujung ist Detta Zücken im Winter dieses Jahres ge-
storben. Dieser verspätet erscheinende Aufsatz von ihr mag als
ein besserer Nachruf genommen werden, als Teilnahme und

uns die Gelegenheit der Anschauung fehlt. So
mag denn das Verwunderliche geschehen, dass auf
Diesen und Jenen das Paris und das Frankreich der
Vergangenheit bald einen grösseren Reiz ausübt als
das der Gegenwart, eben weil jenes Alte so uner-
wartet und wie eine neue Offenbarung über ihn
kommt.

Französische Gotik und Renaissance aber bieten
ihr Grösstes, nächst der Architektur, in den Werken
der Monumentalplastik. Die Schöpfungen der Plastik
sind so eigenartig, so grosszügig und so aus einem
unverbrauchten starken Empfinden fliessend, dass
Jeder, dem sich das Verständnis für diese herbe und
strenge Schönheit einmal erschlossen, eine Quelle
reinsten Genusses darin findet. Gerade uns Deut-
schen sollte übrigens die Würdigung der franzö-
sischen gotischen Skulptur nicht schwer fallen: in

Sympathie ihn ersinnen könnten. Denn die ernste und gründliche
Menschlichkeit der Verstorbenen kann durch nichts schöner er-
wiesen werden, als es durch ihre eigene Arbeit geschieht. D. Red.

496
 
Annotationen