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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 6.1908

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Heft 5
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Werdandi
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https://doi.org/10.11588/diglit.4705#0210

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HONORE DAUMIER, DREI KOPFE

SCHWARZ-WEISS-AUSSTELLUNG

WER DAN DT

lin rätselhaftes, unbehagliches Wort-
gebilde. Fast klingt es wie eine Be-
schwörungsformel. Wenn man es
zum erstenmal hört, denkt man
angestrengt, um einen Sinn hinein-
zubringen. Aber es will nicht ge-
lingen. Und insofern ist es in der That symbolisch
für den deutschen Kulturbund, dem es als Etikette
dient.

Der eigenen Unbildung sich schämend befragt
man den grossen Brockhaus. Da steht es: nicht
Werdandi zwar, aber Verdandi. Zwischen Urd
und Skuld, die zweite der Nornen, das Werdende,
das zwischen dem Gewordenen und Seinsollenden
wirkt. Aber Brockhaus behauptet weiter: „Von den
Dreien ist nur die erste, die Urd alt- und urgerma-
nisch; die beiden anderen sind gelehrte sprachliche
Gebilde des zwölften Jahrhunderts." Und das ist
dann wieder stark symbolisch zu nehmen.

Ist man soweit gekommen, so spricht man
ahnungsvoll: zu latinisierten Nornennamen können
moderne Menschen nur über Bayreuth kommen.
Und das bestätigt sich. Der Gründer dieses Ger-
manenbundes ist Friedrich Seesselberg, ein Kunst-
professor, der ein Ragout nicht zu Ende gedachter
Gedanken als Buch, unter dem Titel „Volk und
Kunst" veröffentlicht und es den „Hütern des
Bayreuther Erbes" gewidmet hat; und im Ehren-
beirat sitzt, neben Siegfried Wagner, der Schwieger-
sohn der Norne Cosima, Henry Thode. Jetzt wird
Einem bange. Die Befürchtungen steigern sich,
als der Postbote Aufrufe und Vorworte ins Haus
bringt und werden zur schrecklichen Gewissheit
bei der feierlichen Eröffnung der ersten Bundes-
ausstellung.

Eine Darstellung Dessen was Werdandi will, ist
nicht leicht. Denn wie soll man das Gegenstandslose
schildern, wie das ganz und gar Unklare erklären?

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