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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 7.1909

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Heft 8
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Kümmel, Otto: Von japanischer Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.4599#0382

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sind und der grösste Teil der Bildfläche freibleibt.
„The uncovered silken end of a great masterpiece
is often more replete with meaning than the paint-
ed part itselfc sagt Okakura mit Recht und in ganz
ostasiatischem Geiste. Auch das kleine, ganz unge-
wöhnlich proportionierte Bild des Körin (1661
—1716), jenes wegen seiner grossen, dekorativen
Gemälde und des mächtigen Stils seiner Lackarbeiten
— oder sollen wir sagen,
wegen derFälschungen seiner
Lackarbeiten? — auch in
Europa berühmten späten
Meisters, ist nichts weniger
als eine Skizze. Welches Bild
ist fertiger, dieses Gewebe
„aus Veilchenduft und Mon-
denschein" oder das Blumen-
wunder des Yanagizawa
Kien? (1676 bis 1758).
Auch dieses ist eine erstaun-
liche malerische Leistung,
aber die „inwardness of
things" ist nur in den paar
Strichen des Körin. Der
Fasan des Hokusai (1760 —
1849), ein echtes und ein
gutes Werk des Meisters aus
seinem 80. Jahre, führt uns
sehr viel tiefer herunter. Auch
in Japan hat es wenigeTalente

gegeben, wie diesen unermüdlichen Beobachter und
Zeichner. Aber an seiner Wiege haben ihn die
Grazien verflucht: schwer wie eine Axt liegt sein
ganzes langes Leben der Pinsel in seiner Hand, und
Allem, was er anfasste, war der character indelebilis
der Gemeinheit aufgeprägt. Ein gerechtes Schicksal
hat ihm denn auch gelohnt: er hat am frühesten von
allen japanischen Künstlern Biographen europäischer

Zunge gefunden, und in der
noch immer verbreitetsten
japanischen Kunstgeschichte,
die in der That nur schlim-
mere Nachfolger gefunden
hat, stehen die Shiibun,
Sesson, Sesshü nur als die-
nende Brüder an dem Thore
zu dem Allerheiligsten, auf
dessen Altar einsam Hokusai
thront. „ At present the public
has nothing but a few general
misconceptions for a basis
of study" sagt Binyon, der
uns die erste brauchbare
Geschichte der ostasiatischen
Malerei geschenkt hat. Hof-
fentlich trägt die Berliner
Sammlung dazu bei, uns von
der grossen Malerei Chinas
und Japans eine klarere und
reinere Vorstellung zugeben.

SESSHU, (I420—1506) STAAR

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