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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 10.1912

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Heft 7
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Scheffler, Karl: Max Liebermann als Zeichner
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https://doi.org/10.11588/diglit.4707#0360

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MAX LIEBERMANN, HOLLÄNDISCHER KANAL, KREIDEZEICHNUNG

MAX LIEBERMANN ALS ZEICHNER

VON

KARL SCHEFFLER

,

er Zeichner Liebermann ist vom
Maler nicht zu trennen. Wie
dieser Künstler denn überhaupt,
in all seiner Zusammengesetzt-
heit, eine der einheitlichsten
Persönlichkeiten der neueren
deutschen Kunst ist. Alles ruht
bei ihm auf demselben Drang des Temperaments.
In jedem Bild ist der Zeichner deutlich erkennbar;
und in jeder Zeichnung, auf jedem Fetzen Papier,
den die Hand zeichnend nur eben berührt hat, er-
kennt man dann wieder den Maler. Von einer
Trennung zwischen Malerei und Zeichnung, wie
man sie bei anderen Künstlern nachweisen kann,
ist bei Liebermann nie die Rede. Wie die gemalten
Studien dieses Künstlers nicht bezwecken, die For-
men einzelner Gegenstände zu registrieren und Bau-
material für die Bilder aufzuhäufen, sondern wie er

sich bemüht, in die flüchtigste Skizze noch den
ganzen Extrakt einer Naturanschauung immer zu
legen und wie er darum in seinen Skizzen noch
viel weniger detailliert als in seinen Bildern, so tritt
er auch als Zeichner nie vor die Natur ohne den
Willen, in die flüchtigste Niederschrift sogar das
Wesentliche eines Gesamteindrucks zu legen.
Liebermann zeichnet nicht, um in die Struktur der
Einzelheiten einzudringen, sondern um das Einzelne
zu überwinden, um zu lernen, wie man es nicht
sieht. Sein Ausspruch, Zeichnen sei die Kunst weg-
zulassen, charakterisiert zumeist seine eigene Art zu
zeichnen. Mehr als seine Malerei weist sein Zeichen-
stil zu Rembrandt hinüber, der ebenfalls in seinen
raschesten Skizzen noch Embryos von Bildern gab,
der stets die Essenz suchte und bei dem das Streben
nach der Wahrheit des Eindrucks immer auch zu
etwas schlechthin Handschriftlichem führte. Unter

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