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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 10.1912

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Heft 7
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4707#0388

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So ist das Niveau ein durchgehend gutes. Der Beweis
ist erbracht, dass Hamburg endlich wieder beginnt im
Leben der modernen Kunst mitzumarschieren. Der
Schaden, den ein Übermaass von Anregungen anrichtet,
wird nur ein vorübergehender sein, wenn nur die
jüngsten Künstler nicht in der erlernten Manier stecken
bleiben, sondern durch eigenes Erleben vor der Natur
sich fortentwickeln, wie es die älteren einheimischen
Kräfte gethan haben. Besonders Eduard Steinbach ist in
seinen „Interieurs" durchaus eigen und stark. Im
ganzen scheint die tyrannische Alleinherrschaft der
Landschaft von Anfang an gebrochen. Lichtwarks
jahrzehntelanges Eintreten für das Porträt beginnt
Erüchte zu tragen. Kalckreuth, der seit 1908 zu Ham-
burgs Kulturkreis zählt, hat in seinem „Grafen Keyser-
ling" wieder einen seiner glücklichsten Würfe gethan.
Allerdings scheint sein farbiger Aufschwung von 1908
nicht zu dauern. Er wird wieder karg und nüchtern. Gute
Bildnisse von Dehmann, Kistenmacher, Storm, Egge-
lingund Kayser schliessen sich an. In fein abgestimmten
und innig geschlossenen Bildchen bringen faul Bollmann
und Hugo Schmidt in „Interieurs" die ausgeglichensten
und geschmackvollsten Leistungen der Ausstellung. Die
Siebelist-Schüler Walter Rosam, Ahlers-Hestermann und
Franz Noelken zeigen in Akt, Landschaft und Stilleben
mehr neuestes Pariser Wollen als eigenes Können.
Spezifisch norddeutsche und hamburgische Grossstadt-
und Landschaftsmotive in tüchtiger, eigener Auffassung
bringen Willi. Mann (Hafen), Hartleff (Hbg. Dom),
A. Kaul (Marschen), G. Koppel, W Ruckteschell,
Steinhagen (Binnenalster), G. Wohlwill. — F. Weckeiser
schliesst sich mit abgerundeten, über die Studie mit
Schwindscher Zartheit hinausgebrachten Motiven aus
der Eifel an. Der Hamburger Träger des Villa-Romana-
Preises, O. Höger, zeigt besonders in dem „Wald-
innern" ein Reifen seiner lyrisch gestimmten Natur.

Die Plastik ist sehr spärlich vertreten. Es zeigen
nur die Schüler des an der Hamburger Kunstgewerbe-
schule wirkenden Wieners Luksch neues Leben.

So bildet das Resultat dieser ersten Kunstschau
Hamburgs mehr ein Versprechen und eine starke Hoff-
nung als ein grosses Vollbringen. Hamburg ist mit
dieser Ausstellung in die Reihe der strebenden Kunst-
städte eingetreten. Es bedarf nur der Heranbildung
eines opferwilligen und urteilsfähigen Sammlerstammes
aus den Reihen des Hamburger Patriziats, um die vor-
handenen ernsten Talente zu stützen und zur Ent-
faltung zu bringen. Möchten Lichtwarks Anregungen
in diesen Hefte in dem reichen Hamburg nun endlich auf
fruchtbaren Boden fallen. Hakon.

BERLIN

In der Nationalgalerie ist die Sammlung Bernt

Grönvold aufgestellt worden. Sie füllt den grossen

Oberlichtsaal im 2. Stockwerk, den früher die Bilder der

Fransosen einnahmen. (Die Werke der Impressionisten

sind provisorisch in den Nebenräumen untergebracht
worden, bis zur Beendigung des Umbaues, wo dann der
jetzige Handzeichnungssaal für sie frei wird.) Man sieht
nun erst, welch grossen Gewinn diese Leihgabe GrÖn-
volds für die Nationalgalerie bedeutet. Beherrscht wird
die Sammlung von den vorzüglichen Porträts und Land-
schaften Wasmanns; die beiden Rohden, Emil Janssen
und Leibl kommen mit ausgezeichneten Werken hinzu.
Der Erscheinung Wasmanns werden wir demnächst einen
besonderen Aufsatz widmen; dabei wird dann auch vom
Charakter der ganzen Sammlung im einzelnen noch die
Rede sein. Die Aufstellung ist sehr geschmackvoll.
Vielleicht wäre es aber noch besser gewesen, diese vielen
Bilder kleinen Formats in den intimeren zimmerartigen
Kojen unterzubringen. Auch hätten etwa zwanzig Bilder
recht gut fehlen können. K. S.

Im ,,Künstlerhause" hatten die Männer seiner Gene-
ration dem Heimgegangenen Otto Lilienfeld gen. Feld
(geb. zu Breslau am 20. Febr. 1860, gest. in Neubabels-
berg am 21. März 191 1) eine Nachlassausstellung ver-
anstaltet. Dieser Berufsgenosse hat nämlich viele gute
und ergebene Freunde, weil sein Herz für die Kunst
und nicht für seine Kunst nur schlug. Dem alten Medi-
ziner lag immer etwas Lehrhaftes, lag ein Wohltätig-
keitstrieb im Blute. Feld war der geborene Propagandist.
Ihm schwebte als Ideal eine Volkskunst mit erhöhtem
Niveau vor. Er begründete jene populären Ausstellungen,
die 1898 von Raphael Löwenfeld für die Arbeiter und
kleinen Handwerker ins Werk gesetzt wurden, und war
der Leiter dieser sehr nützlichen Unternehmungen, so-
lange sie existierten. Feld war hier Schüler des eng-
lischen Kunstpädagogen Robertson. Er selbst beobach-
tete als Maler eine bescheidene Neutralität. Ihm waren
die Ausläufer von Fontainebleau, die Cazin, Chintreuil,
Jettel, Billotte, vertrauter als die eigentlichen Impressio-
nisten. So wenig Felds Arbeiten etwas anonym Zwin-
gendes haben, so wenig ist je ein falscher Ton seiner
redlichen Palette entschlüpft. Er gehörte zu den Un-
auffälligen, Demütigen; gerade darum aber war seine
Eignung für eine bemerkbare Stellung auf der mittle-
ren Berliner Künstlerlinie nicht geringer als die An-
sprüche der titulierten Herren, deren Metierleistungen
im Glaspalast die besten Wände füllen.

JE.

Die Renoirausstellung bei Paul Cassirer verwischt
und verwirft alle unsre Begriffe von der grossen fran-
zösischen Kunstepoche des vorigen Jahrhunderts. Wir
hatten schon so hübsch geteilt, jedem das Seine zuge-
wiesen und wir haben die Rechnung nun ohne den Wirt
gemacht. Bis jetzt kannten wir Renoir nicht. Viele
seiner Bilder, wohl aber nicht den Mann. Nun tritt er
hervor und fordert von allem einen Hauptteil für sich

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